Amberg: Kein Problem mit Nazis?
Ungefähr 40 Rechtsextremisten versuchten am 25. September eine antifaschistische Demonstration in Amberg anzugreifen. Sie wurden gerade noch rechtzeitig von der Polizei gestoppt.
Wenige Wochen vorher wurde von der Polizei dagegen nichts unternommen, als die Neonazis vom „Freien Netz Süd“ bzw. den „Nationalen Sozialisten Amberg“ eine Mahnwache für den vor 15 Jahren von Nazis umgebrachten Klaus Peter Beer gestört haben. „Eine Versammlung lebt davon, dass Meinung und Gegenmeinung friedlich ausgetauscht werden“ so Robert Hausmann, der Leiter der örtlichen Polizeiinspektion. Die Nazis verteilten Flugblätter, in denen zur Zerschlagung der Gewerkschaften aufgerufen und den Gegnern der Nazis „volksfeindliches“ Verhalten vorgeworfen wurde. Nur eine zu tolerierende „Gegenmeinung“?
Beer, dem die Mahnwache galt, war am 7. September 1995 von zwei bekannten Neonazis umgebracht worden, weil er schwul war. 15 Jahre später hat sich die Stadt immer noch nicht mit dem Mord und den Hintergründen auseinander gesetzt, es gibt kein sichtbares Gedenken an das Opfer. Und es gibt keine Diskussion darüber, dass sich Rechtsextremisten immer mehr in Amberg und Umgebung festsetzen. Der Vorsitzende der Verdi-Jugend Stefan Dietl stellt dazu fest, dass das eigentliche Problem ist, dass man sich nicht eingesteht, dass es am Ort eine Naziszene gibt und wirft der Stadt eine Politik des Ignorierens und Verdrängens vor. Dagegen listet eine von der Verdi-Jugend erstellte Chronik die rechtsextremen Aktivitäten auf (siehe unten).
Unter dem Motto „enough is enough“ hatten Verdi-Jugend und zahlreiche andere Organisationen für den 25. September zu einer Demonstration gegen Rechts, gegen die Politik des Verdrängens aufgerufen, mehrere hundert Demokraten und Nazigegner folgten dem Aufruf.
Kurzfristig mobilisierten die Rechtsextremisten zu einer Demonstration und Kundgebung am gleichen Tag in Schwandorf, die allerdings begleitet wurde durch den sicht- und hörbaren Protest von vielen Menschen. Anschließend fuhren die Rechtsextremisten gemeinsam nach Amberg, wo sie dann, inzwischen personell verstärkt z. B. durch einen ehemaligen Bundestagskandidaten der NPD, versuchten, die antifaschistische Demonstration anzugreifen, zu stören. Aber Amberg hat ja kein Naziproblem…
Chronik Naziaktivitäten Amberg
zusammengestellt von der Verdi-Jugend Oberpfalz
14. Januar 2010: Die Amberger Nazikameradschaft „Nationale Sozialisten Amberg“ stört eine Aufklärungsveranstaltung über rechte Gewalt in Postbauer-Heng.
Januar 2010: Bei mehreren Flugblattaktionen der „Nationalen Sozialisten Amberg“ werden in der Innenstadt, an Schulen und bei Briefkastenverteilungen Flugblätter verteilt, in denen zur Zerschlagung der Gewerkschaften aufgerufen wird.
30. Januar: Die „Nationalen Sozialisten Amberg“ organisieren gemeinsam mit dem „Widerstand Schwandorf“ und anderen Nazikameradschaften eine Kundgebung in Schwandorf.
Februar 2010: Flugblattverteilungen in der Innenstadt und an Schulen der „Nationalen Sozialisten Amberg“ anlässlich des größten Naziaufmarsches Europas in Dresden.
13. Februar 2010: Große Beteiligung der „Nationalen Sozialisten Amberg“ am Naziaufmarsch in Dresden.
27. Februar 2010: Beteiligung der „Nationalen Sozialisten Amberg“ an einem Naziaufmarsch in Augsburg.
19. März 2010: Die NPD Amberg unterstützt gemeinsam mit den „Nationalen Sozialisten Amberg“ einen Infostand der NPD in Regensburg.
April 2010: Die „Nationalen Sozialisten Amberg“ verteilen an mehreren Tagen Flugblätter an Schulen, in der Innenstadt und in Briefkästen sowohl im Stadtgebiet als auch im Landkreis um für einen von ihnen mitorganisierten Naziaufmarsch am 1. Mai in Schweinfurt zu werben.
01. April 2010: Die NPD Amberg führt eine Saalveranstaltung in Amberg durch auf der
gegen ausländische Mitbürger gehetzt wird.
03. April 2010: Eine Delegation der „Nationalen Sozialisten“ nimmt an einem Naziaufmarsch in rheinischen Stollberg teil.
08. April 2010: Gemeinsam mit der Nazikameradschaft „Widerstand Weiden“ führen die „Nationalen Sozialisten Amberg“ einen Infostand durch.
10. April 2010: Die „Nationalen Sozialisten Amberg“ veranstalten eine Mobilisierungs- und Spendenveranstaltung für den Naziaufmarsch am 1. Mai in Schweinfurt. Im Anschluss findet wie schon so oft ein Konzert im „500“ statt. 2
18. April 2010: Die „Nationalen Sozialisten Amberg“ führen eine heimatkundliche Wanderung durch. Es werden nun vermehrt Freizeitangebote wie Kanu fahren, Stadtführungen usw. durch die Neonazikameradschaft angeboten.
01. Mai 2010: Große Beteiligung der „Nationalen Sozialisten Amberg“ an einem Naziaufmarsch in Schweinfurt. Anschließend begeben sich mehrere Nazis aus Amberg nach Sulzbach-Rosenberg um dort zu randalieren und neonazistische Parolen zu schmieren. Mehrere Antifaschisten werden von Nazis angegriffen und verfolgt. Am selbstverwalteten Jugendclub Bureau wird von Nazis das Telefonkabel gekappt.
09. Mai 2010: Die Nationalen Sozialisten Amberg“ veranstalten eine historische Stadtführung in Amberg.
13. Mai 2010: Mehrere Schwandorfer und Amberger Nazis randalieren in der Schwandorfer Innenstadt, pöbeln Passanten an und laufen in Formation mit Hitlergruß durch Schwandorf.
23. Mai 2010: Gemeinsam mit dem „Widerstand Schwandorf“ veranstalten die Nationalen Sozialisten Amberg einen Infostand in Schwandorf.
Juni 2010: Auf dem Altstadtfest in Sulzbach-Rosenberg greifen Nazis mehrere Besucher vom Festrand aus an.
20. Juni 2010: Die „Nationalen Sozialisten Amberg“ führen eine Saalveranstaltung durch bei der sie Bilder von Nazigegnern zeigen und über diese referieren.
10. und 17. Juli 2010: Die NPD führt mit Unterstützung der „Nationalen Sozialisten Amberg“ Infostände in Amberg durch.
10. August 2010: Die NPD Amberg und die „Nationalen Sozialisten Amberg“ beteiligen sich am 3. Nationalen Frankentag in Gschwand.
14. August 2010: Die „Nationalen Sozialisten Amberg“ organisieren eine Demonstration in Tirschenreuth mit.
15. August 2010: Die „Nationalen Sozialisten Amberg“ beteiligen sich an einem Naziaufmarsch im niedersächsischen Bad Nenndorf.
29. August 2010: In Amberg findet eine von den „Nationalen Sozialisten Amberg“ organisierte Saalveranstaltung statt.
08. September 2010: Mehrere Nazis stören eine Mahnwache der ver.di Jugend zum Gedenken an Klaus Peter Beer. Die Nazis verteilen Flugblätter und belästigen die jungen Gewerkschafter.