Verliebt in die Gewalt

Peter Naumann - Referent bei der NPD Amberg
Peter Naumann

Unterschiedlicher könnten die Inhalte der beiden Veranstaltungen nicht sein und größer könnten die Unterschiede zwischen den Veranstaltern und Teilnehmern auch nicht zutage treten.
Während die Stadt Schwandorf am 17.12. den Opfern des rassistischen Brandanschlages von 1988 gedachte und die anwesenden Vertreter der beiden christlichen Kirchen und des Islams gemeinsam zu einem friedlichen Zusammenleben aufriefen, lud sich die NPD-Oberpfalz zum ersten Advent den verurteilten Rechtsterroristen Peter Naumann ein und ließ ihn über seine gewalttätigen Aktivitäten referieren.

Wie erst jetzt durch eine Nachricht der Nationalen Sozialisten Amberg bekannt wurde, referierte am 28.11.2010 der verurteilte Rechtsterrorist Peter Naumann auf Einladung des NPD-Bezirks Oberpfalz in Amberg. Titel war laut dem Eintrag auf der Homepage „Werwolf – Kommandounternehmen Ende der 70er Jahre.“ Und für dieses Thema gibt es wohl kaum einen „geeigneteren Referenten“ als Naumann.

Geboren 1952 trat Naumann früh in die NPD und deren Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) ein und brachte es 1976 zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der JN. Parallel begann der Diplom-Chemiker mit dem Bau von Sprengsätzen, was ihm den Beinamen „Bombenhirn“ einbrachte. 1974 verletzte er sich selbst schwer an einer Hand. 1979 sprengte er zusammen mit anderen zwei Fernsehsendemasten, um die Ausstrahlung der Dokumentation „Endlösung“ zu verhindern. Vorher, im August 1978 war das Denkmal an den „Fosse Ardeatina“ (Ardeatinische Höhlen) Ziel eines Sprengstoffanschlags. Die Gedenkstätte erinnert an die Opfer eines deutschen Massakers an italienischen Zivilisten 1944 bei Rom. 1982 plante er die Befreiung des Kriegsverbrechers Heß aus dem Gefängnis in Spandau, zerstritt sich aber mit seinen Komplizen. Ebenso standen DDR-Grenzanlagen auf seiner Anschlagsliste. Für seine Zwecke legte er immer wieder größere Waffen und Sprengstofflager an. Im Oktober 1988 wurde er zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er zwei Drittel absaß. 1995 wurden bei ihm wieder Rohrbomben gefunden. Er erklärte sich „kämpferisch gewaltfrei“ und führte Journalisten und Polizeibeamte zu 13 Waffen- und Sprengstofflagern. Naumann arbeitete länger für die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag in unterschiedlichen Funktionen. Seine Beratungstätigkeit endete 2008, nachdem sich der „kämpferisch Gewaltfreie“ mit dem NPD-Abgeordneten Jürgen Gansel wegen eines „Streits um politische Fragen“ geprügelt hatte. Er ist aber weiterhin für die NPD aktiv, organisierte z.B. die rechten Trauerveranstaltungen für die verstorbenen Uwe Leichsenring und Jürgen Rieger.

Verliebt in die Gewalt

Doch was interessiert die NPD in der Oberpfalz an einem Rechtsterroristen? Folgt man dem Bericht des Bezirks ist es Naumanns gewalttätige Lebensgeschichte, die offenbar als Vorbild dienen soll. Schon der Titel des Abends, „Werwolf – Kommandounternehmen“ offenbart ein äußerst positives Verhältnis zu Naumanns Taten. „Werwolf“ spielt zudem auf die von den Nazis geplante Untergrund- und Partisanenbewegung an, die auf deutschem Boden hinter den alliierten Linien Anschläge verüben sollte, die aber lediglich bei einzelnen ideologisierten Jugendlichen getragen wurde, von der Bevölkerung ab nicht unterstützt wurde.
Der Bericht zeigt Naumann in bürgerlicher Fassade, im Hintergrund ist eine Folie des Vortrags zu sehen. Es zeigt ein Schwert, unterschrieben mit der ersten Zeile des kriegsverherrlichenden Vaterlandslieds von Ernst Moritz Arndt aus dem Jahr 1812, „Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte.“

Diese Verliebtheit in die Gewalt zieht sich durch den ganzen Bericht. Er präsentiert einen Täter, der für sich immer nur edle Motive reklamiert. Eigentlich ist er Opfer, Opfer von Agent Provocateurs (Lockspitzeln) und Geheimdienstagenten und allgemein der Umstände der 1970er Jahre. Der verbrecherische Charakter seiner Taten wird kaschiert durch allerlei technische Einzelheiten und
Detailverliebtheit, die der Bericht allesamt mit zeichnet. Gestaltet wird das Ganze als lebendiger Erlebnisbericht. Zahlreiche spannungsgeladene Abschnitte wie Berichte über Verfolgungsjagden sollen die Zuhörer und Leser noch mehr an den Referenten binden. Selbst die Verantwortung für die schwerwiegendste Gewalttat in der Geschichte der Bundesrepublik, das Attentat auf das Münchner Oktoberfest 1980 wird die rechte Szene an dem Abend „noch los“. Naumann zimmert eine Verschwörung internationaler Geheimdienste zusammen, die die Rechtsextremisten als „Scheintäter“ missbraucht haben sollen.

Die NPD Oberpfalz präsentiert Naumann als Vorbild, als einen politischen Aktivisten (eigentlich Täter), der handeln konnte ohne irgendwelche persönliche Verantwortung oder Schuld. Als Vorbild eine höchst gefährliche Mischung.