„Wir sind die Mehrheit!“

Ansbach ist bunt
Ansbach ist bunt

Über 400 Bürgerinnen und Bürger stellen sich in Ansbach (Main-Spessart) gegen den „4. Nationalen Frankentag“, der vom rechtsextremen «Bund Frankenland» unter Führung des Berliner NPD-Vorsitzenden Uwe Meenen (früher Würzburg) und dem Kameradschaftsnetzwerk «Freies Netz Süd» erstmals in Unterfranken abgehalten wurde.
Während es 2009 und 2010 im oberfränkischen Geschwand so gut wie keine Proteste der lokalen Bevölkerung gegen den «Frankentag» gab, formierte sich im Landkreis Main-Spessart ein breites Bündnis gegen das zentrale Sommerfest der bayerischen Kameradschaftszene.

Über die Veranstaltung «MSP ist bunt» berichten Robin Haseler und Xenia Hügel.

Nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Ansbacher Pfarrkirche versammelten sich die Gegendemonstranten auf dem Parkplatz einer örtlichen Firma, nahe dem Veranstaltungsort der NPD. Die Polizei sorgte mit einem Großaufgebot für einen reibungslosen friedlichen Ablauf dieses Samstagnachmittags.

Das Netzwerk „MSP ist bunt“ unter der Federführung von Wolfgang Tröster und der Lohrer SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Christine Scherg begrüßte die vielen Demonstranten. Scherg wies auf die vielen teilnehmenden Gruppen hin, die auch durch die zahlreichen Fahnen kenntlich waren. Von SPD über Freie Wähler und CSU, Gewerkschaften, KAB, Kreisjugendring und viele weitere Gruppen hatten sich im Netzwerk zusammengetan um ein Zeichen zu setzen. In nur 13 Tagen habe man dieses breite Bündnis auf die Beine gestellt und gemeinsam mit den Ansbachern diese Gegenveranstaltung organisiert.

Der Ansbacher Bürgermeister Otto Dümig hätte sich einen schöneren Anlass für ein Treffen in seiner Ortschaft gewünscht. „Hier ist kein Platz für Fremdenfeindlichkeit und Extremismus“, sagte er. „Bei uns herrschten Toleranz und Verständnis für alle Menschen.“ Der Landrat Thomas Schiebel schloss sich dem an und betonte, wie vielfältig der Landkreis Main-Spessart sei und man deswegen keine NPD hier sehen wolle.

Grußworte sprachen die Landtagsabgeordneten aller Parteien. Harald Schneider (SPD) betonte hier: „Wir sind die Mehrheit“. Die Rechten oben auf dem Festplatz seien nicht einmal halb so viele, wie die Gegendemonstranten, die ihnen die Stirn böten. Man müsse den Anfängen wehren und ein klares Zeichen setzen. Niemand solle erwarten, dass man hier wegschaue und die rechte Brut gewähren lasse.

Die Zahl der angereisten Rechten, die dem verurteilten Bombenterroristen Martin Wiese als Redner zuhören wollten, rangieren bei ca. 150-200 Personen. Die hohe Zahl an Rechten wurde allerdings nur durch „ausländische“ (sic!) Rechtsradikale erreicht, die laut Autokennzeichen aus Österreich und Lichtenstein stammten. Dank der Polizei konnten mutige Bürger direkt am mit Bauzäunen eingeigelten Nazizeltlager vorbeiwandern und Flagge zeigen. Reporter wurden dagegen beschimpft. Laut örtlichen Pressevertretern (Main-Post) drohte ein Rechtsextremer mit «Volksgerichtshof» und «an die Wand stellen».

Das weitere Programm bot neben einer Trommlergruppe, zwei Liedermachern und der Punkband „awe somegrey“, die Schüleraktion „Linke Hand gegen Rechts“.

Ein Besucherbericht von Xenia Hügel (Amorbach)
“Wir überlassen ihnen nicht das Feld!”

“MSP IST BUNT!” lautete unser friedlicher Protest gegen Rassismus und Rechtsextremismus und für Toleranz und Vielfalt am vergangenen Samstag.
Rund 400 Menschen wollten den besetzten Hügel nicht ignorieren!!

Zum “Nationalen Frankentag” riefen diese Rassisten und boten eine Feier inklusive Rechts – Rock, politischer Kundgebung und Kinderfängerei mit brauner Hüpfburg. Dass in Ansbach kein Platz für Fremdenfeindlichkeit ist, zeigten bei unserer Ankunft die vielen bunten Fahnen und Banner im Ortskern.

Wie ich später bei einer Rede erfahren habe, wurde die Aktion “MSP ist Bunt” von dreizehn Mitgliedern (Bürger, Parteien, Schulen, Kirchen, etc…) auf die Beine gestellt. Mit gespannter Erwartung stieg ich aus dem
Auto und stellte erstaunt fest, dass hier wohl die gesamte Polizei des Landkreises eingesetzt wurde (plus Verstärkung aus anderen Kreisen). Einige Tage zuvor ging ein Flugblatt an alle Haushalte, indem sich das Polizeipräsidium Unterfranken erklärte, dass sie zur absoluten Neutralität verpflichtet sei und niemanden aufgrund seiner Gesinnung bevorzugen oder benachteiligen werde.

Unsere Veranstaltung zeigte mit Worten, bedruckten Shirts, Fahnen, kritischen Liedern und friedlichen Projekten wie z. B. „Linke Hand gegen Rechts!“ (Sams e.V.), dass die braue Unkultur auf dem Hügel keine Chance hat. Allerdings hätten noch mehr Menschen mit klarem Verstand aufstehen müssen, um den Faschisten keinen Fußbreit mehr zu gewähren! Ich bin der Meinung, jeder hätte einen Nachmittag Zeit, um die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen und seine Hand gegen den Rassismus zu geben – die Würde des Menschen ist doch unantastbar!

Jeder ist auf der Suche nach Heimat.

Wenn neue Formen von Rassismus einen türkisches Imbiss, jüdische Kindergärten oder Flüchtlingslager zerstören oder wenn Braune in dem Mann Rafid Munir, der nur am Bahnhof steht und auf seinen Zug wartet, eine Gefahr sehen, dann müssen wir für internationale Solidarität aufstehen! Diese Beispiele waren auf Plakaten zu lesen und in den Reden der Prominenz zu hören.
Während wir die Antifa besuchten, die eine kleine Nebenveranstaltung organisiert hatte, beobachte ich ein paar Rassisten, die unsicher nach ihrem Weg suchen, dabei fällen mir die anscheinend nie verschwundenen Klischeeklamotten der neunziger Jahre auf. Die Ärmsten mussten aber schnell umdrehen, denn dummerweise liefen sie direkt in die Arme der Antifademo, was die Polizei gerade noch verhinderte.

Nur weil Rechtsextreme verzweifelt nach ihrer inneren Heimat suchen, müssen wir ihnen deutlich machen, dass diese Heimat so bunt ist, wie die Luftballons die wir am Ende in ihre Richtung schickten.
Auf dem Heimweg zum Auto schallte der Refrain von Brothers Keepers durch Ansbach
„Wir fall›n dort ein, wo ihr auffallt / Gebieten eurer braunen Scheiße endlich Aufhalt!“

Ein gelungenes Schlußwort.