Untertauchen – geht auch in Bayern

2005 tauchte kurz vor der Urteilsverkündung der Nürnberger Neonazi Gerhard Ittner unter und ist seitdem verschwunden. Lt. Kontrovers (Bayerisches Fernsehen) vom 16.11.2011 hatte Ittner enge Kontakte zum Thüringer Heimatschutz, dem auch Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe angehörten. So war er 2002 als Redner bei einer Veranstaltung im „Braunen Haus“ in Jena, fuhr wenig später mit einem ganzen Bus voller Gesinnungsfreunde nach Thüringen zu einer Veranstaltung.
Ittner, der auch zeitweise Mitarbeiter der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ des NPD-Landesvorsitzenden Ollert war, stand in Nürnberg wegen Volksverhetzung vor Gericht. Einer Staatsanwältin drohte Ittner die Todesstrafe wegen Hochverrats an, sobald er und seine Gesinnungsgenossen den „Zusammenbruch des BRD-Regimes» bewirkt hätten.
Bereits vor der Verhandlung in Nürnberg wurde er am Rande eines Nazi-Aufmarsches in Marburg festgenommen und in Thüringen wegen ähnlicher Delikte vor Gericht gestellt.
Das Verfahren in Nürnberg wegen Volksverhetzung, Beleidigung, Beschimpfung von Religionsgemeinschaften, Verbreitung von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen und Verunglimpfung des Staates gegen den damals 46-jährigen Ittner begann im November 2004. Ihm wurden zahlreiche Veröffentlichungen im Internet zugeschrieben, in denen die Bundesrepublik Deutschland verächtlich gemacht wurde. Darin sei, so die Anklage, «Juden und ausländischen Staatsangehörigen das ungeschmälerte Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeiten in der Gemeinschaft» abgesprochen worden.
Kurz vor dem Ende der Verfahrens am 29. März 2005, dem 18. Verhandlungstag, erschien Ittner nicht zur Verhandlung. Er war untergetaucht und befindet sich seitdem auf der Flucht; es gibt derzeit keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort. Auch sein Verteidiger gab damals an, nicht zu wissen, wo sich Ittner aufhalte. Ittner wurde in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten wegen Volksverhetzung verurteilt.
Während des Verfahrens stellte sein Verteidiger mehrmals Anträge, die die Staatsanwaltschaft als volksverhetzend einstufte. So stellte er in seinen Beweisanträgen unter anderem die Tötung von Juden in Auschwitz in Frage. Während des Prozesses wurde der Anwalt mehrmals aufgefordert, diese Äußerungen zu unterlassen, da sie strafbar sein könnten. Der Anwalt reagierte jedoch auf diese Belehrungen nicht, sondern wiederholte diese Aussagen auch in seinem Schlussplädoyer.
Kurze Zeit später ist Ittners Rechtsanwalt S. Böhmer wegen seines Auftretens vor Gericht zu einer Geldstrafe über 2250 Euro verurteilt worden. Staatsanwaltschaft und Gericht werteten seine Anträge als Ittner-Verteidiger laut einem Bericht der «Nürnberger Nachrichten» als volksverhetzend.