Roßmüller nicht zuverlässig genug fürs Bewachungsgewerbe

Sascha Roßmüller auf Tour in Straubing

Am Donnerstag ist der NPD-Landesvize und „Secretary“ der Bandidos Regensburg Sascha Roßmüller vor dem Verwaltungsgericht Regensburg abgeblitzt. Das Landratsamt Straubing-Bogen hatte ihm die Erlaubnis für den Betrieb eines Sicherheitsunternehmens entzogen. Das Gericht wies Roßmüllers Klage dagegen ab. Die Berufung gegen das Urteil wurde zugelassen.

Roßmüller betreibt seit 2008 zusammen mit einem Partner in Rain bei Straubing die Taranis Sicherheitsdienst GbR, deren Geschäftsbereiche mittlerweile unter anderem auf Internetversandhandel und Arbeitnehmerüberlassung ausgeweitet wurden. Roßmüller ist einer der führenden Funktionäre der rechtsextremen Partei NPD. Nach dem Verbot des Nationalen Blocks 1993, dessen Kreisverband Straubing er mit gegründet hatte, brachte er es über den Vorsitz der NPD-Jugend Junge Nationaldemokraten (JN) zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der NPD. Von 2004 bis 2009 gehörte er dem Bundesvorstand an. In Bayern ist er seit längerem Stellvertreter des Landesvorsitzenden. Die Wahlunterlagen zur kommenden Landtagswahl führen ihn als „Parlamentarischen Berater“ der Landtagsfraktion der NPD in Sachsen.

Wer einen Sicherheitsdienst betreiben will, ist gewissen Vorgaben unterworfen. Die Gewerbeordnung verlangt unter anderem eine gewisse Zuverlässigkeit, durch die Verordnung für das Bewachungsgewerbe (Bewachungsverordnung) werden weitere Kriterien festgelegt. Die Verordnung sieht etwa die Mitgliedschaft in einer verbotenen Partei oder Vereinigung als Regelbeispiel für Unzuverlässigkeit, wenn seit dem Verbot noch keine zehn Jahre vergangen sind. Ebenso unzuverlässig ist demnach, wer einzeln oder als Mitglied Bestrebungen im Sinne des § 3 Bundesverfassungsschutzgesetz verfolgt, der definiert, welche Entwicklungen der Verfassungsschutz zu überwachen hat.

2008 sah das Landratsamt Straubing-Bogen in der politischen Betätigungen von Sascha Roßmüller insgesamt keinen Grund, die Bewachungserlaubnis zu versagen. Neuere Entwicklungen führten nun zu einer Überprüfung der Zuverlässigkeit. Seit 2009 war Roßmüller Mitglied bei den Bandidos Regensburg, was 2010 behördlich bekannt wurde. Vorher war er nach eigener Auskunft Mitglied beim dem Rocker-Club Gremium Straubing. Der Wechsel sei aus freundschaftlichen Gründen erfolgt, so Roßmüller vor Gericht.

Eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Florian Ritter (SPD) ergab im April 2012, dass bei der Taranis GbR insgesamt vier Personen aus der rechtsextremen Szene beschäftigt waren und acht mit Bezug zu den Bandidos. Darunter befand sich mit Patrick Schröder der heutige Betreiber des rechtsextremen FSN-TVs. Auf Bandido-Seite waren die Präsidenten der Bandidos Regensburg und München bei ihm beschäftigt. (Drucksache 16/12286, Stand: 16.04.2012).

Herangezogen wurde zudem ein Vorfall in Straubing an Weihnachten 2010 in Straubing. Nach Presseberichten gerieten dort Mitglieder der Bandidos Regensburg mit Mitgliedern des Gremium MC Straubing aneinander. Es kam zu einer Messerstecherei. Zwei Personen wurden schwerer verletzt. Die Beteiligten hüllten sich danach in Schweigen. Ein Ermittlungsverfahren gegen Roßmüller wurde eingestellt.
Roßmüller wollte sich nicht mehr genauer an den Abend erinnern, und wich bei Fragen des Gerichts meist aus. Obwohl sich die Fragen nach Messern richtete, redete der NPDler etwas von Baseballschlägern und Zaunlatten, die er nie gesehen haben wolle.

Trotz Einstellung könne auch so ein Vorfall für die Bewertung der Zuverlässigkeit herangezogen werden, so die Behörden, wie sich auch sonst aus privaten Umständen Anhaltspunkte für die Prognose ergeben können.

Und so spielten auch die Bandidos vor Gericht eine größere Rolle. Für Roßmüller und seinen Rechtsbeistand, den Szeneanwalt Frank Miksch, hingegen waren die Schlagzeilen von Revierkämpfen
unter Rockern und auch die Verbote einzelner Chapter nicht auf seinen Fall anwendbar.

Die Bandidos in Regensburg würden alle einer geregelten Arbeit nachgehen und wären bisher durch karitative Veranstaltungen aufgefallen. Roßmüller wollte dienstlich wie privat immer wieder Kontakte zu Angehörigen anderer Gruppen gehabt haben, ohne dass es zu Anfeindungen gekommen sei. Auch hätten Überprüfungen seines Unternehmens nie zu Beanstandungen geführt, er wäre sogar gelobt worden.

Auch dass die Bandidos sich im Verfassungsschutzbericht wiederfinden, spiele keine Rolle, so Rechtsanwalt Miksch. Sollte das Gericht das einbeziehen, solle Verfassungsschutzpräsident Körner als Zeuge geladen werden.

Die Vertreter des Freistaats wandeten dagegen ein, dass es nicht für die Zuverlässigkeit spreche, an Revierkämpfen beteiligt zu sein und das Gewaltmonopol des Staates in Frage zu stellen. Die Bandidos gehörten zu den sogenannten Outlaw Motorcylce Gangs (OMCG), die im Bereich der organisierten Kriminalität immer wieder auffällig wären. Wer dort eine höhere Funktion einnähme, bekenne sich auch zu diesen Motiven.

Eine deutliche geringer Rolle spielten Roßmüllers rechtsextreme Aktivitäten. Miksch forderte eine Art Verwertungsverbot, weil diese Aktivitäten 2008 – als die Erlaubnis erteilt wurde – schon bekannt waren. Die Vertreter des Freistaats stellten dagegen richtig, dass diese Aktivitäten allein damals noch nicht ausgereicht hätten, um die Erlaubnis zu verweigern. Man beziehe sich zudem fast ausschließlich auf die Mitgliedschaft bei den Bandidos.

Roßmüller gab in der Verhandlung den „seriösen Radikalen“. Die Aktivitäten im Nationalen Block seien eine Jugendphase gewesen, jetzt halte er in seinen Reden und Schriften das Grundgesetz und die Bayerische Verfassung hoch. Er werde für seine Positionen von radikalen Rechten und NS-Nostalgikern geradezu angegriffen, wie man „auf der NS-Seite Altermedia“ nachlesen könne.

Bemerkenswert ist daran vor allem, dass sein Rechtsbeistand Frank Miksch sonst eben gerade diesen NS-Flügel verteidigt und vor Gericht versucht, die Aktivisten, häufiger aus den Reihen des Freien Netz Süd, gut dastehen zu lassen. Ebenso nimmt er – wohl als unabhängiges Organ der Rechtspflege – wie in Hof 2012 an deren Aufmärschen teil.

Sonst passten Roßmüllers Ausführungen zu den Tönen, die man von der NPD auf der zurückliegenden Tour durch Bayern vernehmen konnte. So war für Roßmüller in Straubing die Identität Teil der Würde und somit unantastbar. Identität ist allerdings nur das neuste Modewort der rechtsextremen Szene für ihre rassistischen Gesellschaftsvorstellungen. In diesen unterscheiden sich „seriös radikale“ NPD und „Nationale Sozialisten“ kaum. Miksch versuchte noch in seinem Schlussvortrag diese Einstellungen zu adeln, sie würden überall als Korrektiv zu „den Liberalen“ gebraucht. Damit umschrieb er die gängigen rechtsextremen politischen Ordnungsvorstellungen. Diese siehen die alle Gruppierungen, die sich zu Individualismus, Grund- und Menschenrechten bekennen, als einen monolithischen Block und man begreift sich selbst als Gegenströmung.

Miksch sah das ganze Verfahren als politisch motiviert und in den Anfragen von MdL Ritter eine ungerechtfertigte Einmischung der Legislative in die Exekutive. Außerdem versuchte er abschließend noch eine direkte Anweisung „von oben“ zu konstruieren. Die beiden Vertreter aus Niederbayern, die den Freistaat vor Gericht vertraten, beharrten dagegen auf ihrer unabhängigen Entscheidung. Die Überprüfung sei lediglich angeregt worden und ein Entzug begrüßt worden.

Tenor und Gründe wurden nicht öffentlich verkündet, so dass das Gericht auch keinerlei Hinweise gab, welche Aspekte nun entscheidungsrelevant waren. Die Berufung wurde nach telefonischer Auskunft zugelassen, mit Rechtsmitteln ist wahrscheinlich zu rechnen.