Szeneanwalt Nahrath «bringt Mandanten ins Gefängnis»

Mit sechs Monaten Freiheitsstrafe endete am 29.10.2013 die zweitägige Berufungsverhandlung gegen den 1946 geborenen Holocaustleugner Gerd Walther aus Zossen vor dem Landgericht Regensburg. In der ersten Instanz war er noch mit Bewährung davongekommen. Die Verteidigung hatte der Berliner Szeneanwalt Wolfram Nahrath übernommen.
Richterin Escher ließ in ihrer Urteilsbegründung keinerlei Zweifel aufkommen, dass sich der Angeklagte Walther im April 2010 in einer Verhandlungspause des allerersten Williamson-Prozesses in ein laufendes Interview gedrängt hatte, das lokale Medien mit dem Anwalt der Piusbruderschaft, Dr. Krah, begonnen hatten.
Dabei leugnete er nicht direkt die industriell betriebene Massenvernichtung durch die Nazis, sondern echauffierte sich lautstark über die „fehlende Beweiserhebung“ durch die Gerichte, die „Beweisnotstand“ und „keine forensisch gesicherten Beweise“ hätten, aber dennoch verurteilen würden. Die vernommenen Zeugen verstanden es aber damals schon in dem Sinne, dass das Ereignis geleugnet werden sollte und die Kammer schloss sich dieser Sichtweise an. Es komme nicht auf eine diffizile Unterscheidung im Wortlaut an, sondern auf den Bedeutungsgehalt, die ein verständiges Publikum der Aussage beimesse.
Der Angeklagte bestritt die Worte nicht, wollte es aber als juristischen Disput mit dem Anwalt der Piusbruderschaft über die deutsche Gerichtspraxis verstanden wissen, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sein sollte. Dem widersprach eigentlich schon die unterschiedliche Lautstärke, mit der beide, Krah und Walther in Anwesenheit von Kameras und Mikrophonen zueinander redeten und die auf dem Material der Fernsehsender BR und TVA deutlich zu vernehmen war. Dem Gericht reichte aufgrund der Lautstärke schon die umstehende Menge als Öffentlichkeit im Sinne des Strafgesetzbuches aus, zudem habe der Angeklagte die Aufzeichnung und Ausstrahlung seiner Worte billigend in Kauf genommen. Für die gezielte Suche nach Aufmerksamkeit spreche auch, darauf wies die Staatsanwaltschaft im Plädoyer fast schon süffisant hin, dass das unbearbeitete und nicht gesendete Material von TVA – möglicherweise aus den Gerichtsakten – auf Youtube gestellt wurde, hochgeladen von einem „WaltherGerd“.
Im Verfahren vor dem Amtsgericht hatte Walther eine Bewährungsstrafe erhalten. Dagegen legten sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung Rechtsmittel ein. Die Verteidigung, übernommen vom Berliner Szeneanwalt Wolfram Nahrath hatte Freispruch verlangt. Nahrath hatte der letzten Demonstration des neonazistischen Freien Netz Süd in Wunsiedel November 2012 ein Grußwort geschickt. Er war damals von Thomas „Steiner“ Wulff mit den Worten vorgestellt worden, Nahrath führe den „Rechtskampf Jürgen Riegers“ an den „Fronten für Deutschland“ fort. Der Zufall wollte es, dass der zweite Prozesstag auf den Todestag Riegers fiel. Nahrath erwähnte ihn kurz zu Beginn seines Plädoyers.
Wohl mit Blickrichtung Schöffen versuchte er diese mit den bekannten Zahlenspielen über die Opferzahlen in Auschwitz-Birkenau zu verwirren. Er versuchte Verständnis für die Holocaustleugner zu wecken. Verfolge man Menschen, denen es um das Bedürfnis gehe, das deutsche Volk vor den schwersten Vorwürfen des industriellen Massenmords zu verteidigen, stelle das eine schwere Einschränkung der persönlichen Entfaltung dar und mache diese Menschen krank.
Er verlangte eine Aussetzung des Prozesses und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur Prüfung. Auch sei der Paragraf 130 Absatz III StGB zu unbestimmt und zudem von Walther nicht verletzt worden und er folglich freizusprechen. In der Sache zeigte sich sein Mandant uneinsichtig. Diese Prozessstrategie ging allerdings nicht auf. Das Gericht folgte der Berufung der Staatsanwaltschaft und wandelte die Bewährung in Freiheitsstrafe um.
Für die deutlich härtere Strafe als gegen z.B. Richard Williamson sprachen Walthers
einschlägige Vorstrafen und die Begehung der Tat in Regensburg unter Bewährung. Er hatte von der Mutter eines dunkelhäutigen Kindes am Bahnhof Potsdam die Einhaltung der Nürnberger Rassegesetze verlangt und gegenüber einem einschreitenden Passanten von „Rassenschande“ gesprochen. Vor einer Brandenburger Schule verteilte er mit Mitstreitern Flugblätter mit holocaustleugnenden Thesen. Schüler entrissen ihnen einen Teil der Schriften, so dass die Neonazis beinahe die Polizei riefen, um ihr Treiben fortzusetzen. Schon die Gerichtsakten vermerkten, dass er Gerichtsprozesse suchen würde, um unter Ausnutzung der Angeklagtenrechte seine Ansichten zu verbreiten. In einem Prozess wurde er von der Leugnerin Sylvia Stolz vertreten, die dort ebenfalls die Verbrechen bestritt und sich antisemitisch äußerte. Ein Bezug auf ihre Ausführungen brachte Walther eine weitere Verurteilung und Bewährungsstrafe ein.
Eine weitere Bewährungsstrafe für die Tat in Regensburg wäre nur bei einer günstigen Kriminalprognose möglich gewesen, so die Richterin. Da er, Walther, aber diese Sache zu seiner Lebensaufgabe gemacht habe und dies im Prozess auch betont habe, gehe sie davon aus, dass er keine Ruhe geben werde, sondern „so weiter mache wie bisher». Sie schloss sich damit weitgehend der Staatsanwaltschaft an, die acht Monate gefordert hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.