Brauner und demokratischer Aschermittwoch in Deggendorf

Bild aus glücklichen Tagen: Richter, Schüßler, Roßmüller beim Politischen Aschermittwoch (Montage)

Lediglich 50 Teilnehmer konnte die NPD dieses Jahr zu ihrem politischen Aschermittwoch in Deggendorf mobilisieren. Gegen das dortige Wirtshaus, das die rechtsextreme Partei regelmäßig aufnimmt, richtete sich eine Demonstration des Bündnisses „Deggendorf nazifrei“.
Auf dem Stadtplatz feierte ein überparteiliches Bündnis derweil einen demokratischen Aschermittwoch.

Der politische Aschermittwoch stellt im Kalender der Parteien den ersten Höhepunkt im Jahr dar. Die bayerischen Parteien begehen ihn traditionell in Niederbayern. Gerne wird dazu das politische Spitzenpersonal präsentiert. Auf Sparflamme verläuft dagegen der Aschermittwoch der NPD seit ein paar Jahren. Konnte die rechtsextreme Partei in der Vergangenheit schon mal dreistellige Gästezahlen vermelden, muss sie sich seit 2010 mit mittleren zweistelligen Besucherzahlen begnügen, die so gut in den kleinen Gastraum des Gasthofes Gruber / Bierhimmel nahe der Deggendorfer Altstadt passen. Einen langwierigen juristischen Kampf um repräsentative Hallen oder größere Festsäle muss die Partei nicht mehr führen. Gegner der Veranstaltung hatten im Vorfeld die Frontseite des Hauses mit Parolen besprüht.

Zum diesjährigen Aschermittwoch kamen nach unseren Beobachtungen etwa 50, sicher nicht mehr als 60 Besucher. Die NPD selbst will 80 Teilnehmer gezählt haben. Bei der vergangenen Bundestagswahl hatten in der Großen Kreisstadt 259 Wahlberechtigte den NPD-Bezirksvorsitzenden Alfred Steinleiter gewählt, 178 die NPD. Einen relativ langen Anfahrtsweg nahmen mit Winfried Breu und Johannes Hühnlein zwei NPD-Funktionäre aus Oberfranken auf sich. Der Großteil der Fahrzeuge, die im kleinen Innenhof und den angrenzenden Straßen parkten, stammten aus Niederbayern.

Aus dem Kameradschaftsspektrum nahmen Walter Strohmeier mitsamt zweier Kameraden teil. Strohmeier gilt als Kopf der Kameradschaftsszene im Bayerischen Wald. Die Zusammenarbeit mit der NPD litt in der Vergangenheit eher an Strohmeiers Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung als an persönlichen, inhaltlichen oder taktischen Differenzen, wie sie das Verhältnis zwischen NPD und gewaltbereiter Kameradschaftsszene sonst im Freistaat kennzeichnet. Der Großteil der Gäste hingegen war fortgeschrittenen Alters.

Für die „Unterhaltung“ sorgten an dem Tag die NPD-Landesspitze sowie der rechtsextreme Liedermacher Frank Rennicke. Landesvorsitzender Karl Richter und Stellvertreterin Sigrid Schüßler versuchten sich laut Programm kabarettistisch an ihren politischen Gegnern. Richter trug dazu eine Kraushaarperücke und eine Jacke mit der Aufschrift „Antifa“. Das „Kostüm“ sollte laut Parteiangaben den „rot-grünen Zeitgeist in der Landeshauptstadt München“ zum Ausdruck bringen. Sascha Roßmüller, ebenfalls Stellvertreter Richters, gab den Prediger „Bruder Braunabas“. Kurz nach 13 Uhr endete die etwa zweistündige Veranstaltung.

Gegen 14.00 Uhr versammelten sich am Bahnhof Deggendorf etwa 200 Aktivistinnen und Aktivisten linker Gruppen, um auf die Infrastruktur, die der Gasthof Gruber der rechtsextremen Szene in Niederbayern immer wieder bietet, hinzuweisen. Unter dem Motto „Zur Hölle mit dem Bierhimmel! Nazis die Plattform nehmen!“ demonstrierten die Teilnehmer Richtung Innenstadt und hielten unweit der Gaststätte eine Kundgebung ab. Zu einem kurzen Zwischenfall kam es, als Walter Strohmeier versuchte, die Kundgebung zu filmen. Die Demo stoppte laut Berichten, bis der „Störenfried“ abgeführt war. Die Polizei, die ja sonst gerne die Trennung der Lager betont, hatte ihn und seine zwei Kameraden doch recht unbehelligt durch die Stadt ziehen lassen. So konnten sie sich auch nachmittags am Stadtplatz umschauen, wo der Kreisjugendring gerade letzte Vorbereitungen für den demokratischen Aschermittwoch traf. An dem Fest nahmen laut Medienberichten einige Hundert
Menschen teil. Es sprach unter anderem Kultusstaatssekretär Bernd Sibler. Soziale und kulturelle Initiativen präsentierten das internationale Leben in Deggendorf.

Auffällig war an dem Tag noch, dass die rechtsextreme Szene in Deggendorf auch dort schon verstärkt für die rechtsextreme Kleinstpartei „Der dritte Weg“ wirbt. Alle neonazistischen Aufkleber bzw. deren Reste, die an dem Tag im Stadtbild festgestellt werden konnten stammten von der Ende September letzten Jahres in Heidelberg gegründeten Vereinigung, die sich in Bayern zunehmend zur Ersatzorganisation für das neonazistische Kameradschaftsnetzwerk „Freies Netz Süd“ entwickelt, das von einem Verbot bedroht ist.