Die Rechte – Kleinstpartei nun mit Stützpunkt in München

Münchens rechtsextreme Szene wird „vielfältiger“. Auf einer Veranstaltung am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, gründete sich in der Landeshauptstadt ein Kreisverband der Kleinstpartei Die Rechte. Vorsitzender ist der erst kürzlich aus der Haft entlassene Philipp Hasselbach, der sein politisches Comeback gibt. Diskussionsstoff bietet auch das von NPD-Landeschef Karl Richter gehaltene Grußwort.
München kann sich über eine Vielfalt an rechten und rechtsextremen Gruppierungen wahrlich nicht beschweren. Neben der NPD tummeln sich dort Stürzenbergers „Die Freiheit“ und versprengte Pro Deutschland-Aktivisten. Seit Kurzem gibt es einen Stützpunkt der Kleinstpartei „Der III.Weg“ und nun auch die Partei Die Rechte (DR).
Als eine Art Sammelbecken fungiert dabei die gerne als NPD-Tarnliste bezeichnete „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) München, die mit Karl Richter ebenso im Stadtrat sitzt wie die Alternative für Deutschland (AfD), bei der sich die rechten Ausfälle mehren.
Auf einer Veranstaltung am 20.April gründete sich nach Berichten ein Kreisverband der Kleinstpartei Die Rechte.
Zum ersten Vorsitzenden wurde Philipp Hasselbach gewählt. Ihm stehen jeweils ein nicht namentlich genannter Stellvertreter und ein Schatzmeister zur Seite. Die Gründung kam einigermaßen überraschend, die Wahl genau dieses Vorsitzenden dagegen nicht.
Rechte Alternativen zur NPD
Die von dem langjährigen Szeneaktivisten Christian Worch im Mai 2012 gegründete Partei tritt nach der Aufnahme nordrhein-westfälischer Kameradschaftsaktivisten in der Öffentlichkeit deutlich neonazistischer auf als beispielsweise die NPD unter dem Diktum der „seriösen Radikalität“. Laut dem bayerischen Verfassungsschutzbericht war Die Rechte vor der Gründung der ersten Struktur in Bayern bereits in acht anderen Bundesländern aktiv. Zuletzt scheiterte sie an dem Versuch, die nötigen Unterstützungsunterschriften für den Wahlantritt bei der Europawahl zu sammeln. Parteichef Worch stellte seinen Mitgliedern ein schlechtes Zeugnis aus.
In Bayern sammelten sich die Kameradschaftsaktivisten, denen die NPD unter Apfel „zu angepasst“ geworden war, in der Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ (DIIIW). Die mögliche Ersatzorganisation für das von einem Verbot bedrohte Kameradschaftsnetzwerk „Freies Netz Süd“ (FNS) bringt es mittlerweile auf drei „Stützpunkte“ im Freistaat. Das Verhältnis zwischen DIIIW und DR-Aktivisten aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ist freundschaftlich geprägt und nicht von parteipolitischer Konkurrenz. DR-Aktivisten nahmen an Kundgebungen des FNS / DIIIW teil, im Gegenzug besuchten bayerische Kader Veranstaltungen im Ruhrgebiet, Aachen und Göppingen. Für „Die Rechte“ bestand in Bayern eigentlich keine strategische Notwendigkeit aus Sicht der Szeneaktivisten. Deshalb konnte der erste Vorsitzende einer DR-Struktur in Bayern nur Hasselbach heißen.
Politisches Comeback
Der in Essen geborene Kader ist trotz seiner gerade einmal 26 Jahre in der Szene ein alter Bekannter. Vor seinem Umzug nach München war er im Ruhrgebiet bereits führend in mehreren neonazistischen Organisationen aktiv. In Süddeutschland trat er als Redner und Organisator auf, zunehmend aber in persönlicher Feindschaft und Konkurrenz zu den anderen führenden Kameradschaftsaktivisten um die Akteure, die später das Freie Netz Süd führen sollten. Gegenseitig stritt man
sich um die Posten in den NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten. 2006 wurde der bayerische JN-Vorstand, dem Hasselbach als Schatzmeister angehörte, abgesetzt und ein neuer Vorstand unter seinem Widersacher Norman Bordin gewählt, der wenige Jahre später zusammen mit etlichen Aktivisten die NPD Richtung FNS verließ.
2009 kandidierte Hasselbach für die NPD als Bundestagskandidat und machte Schlagzeilen, weil das Münchner aida-Archiv ein Foto präsentieren konnte, die ihn mit Hitlergruß vor einer Reichskriegsflagge samt Hakenkreuz zeigten. 2010 wurde Hasselbach vom Münchner Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Mittäterschaft und Beleidigung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung verurteilt. Er hatte einen inzwischen ausgestiegenen Liedermacher angegriffen, der damals noch dem konkurrierenden FNS zugerechnet wurde.
Erst Mitte Februar dieses Jahres wurde er aus der Haft entlassen und beteiligte sich sofort wieder am Wahlkampf der Münchner „Bürgerinitiative Ausländerstopp“. Karl Richter kam diese Hilfe wohl gerade recht, gab es doch Ärger mit den Aktivisten um Martin Wiese. Die Feindschaft zu den FNS-Aktivisten hat sich bei Hasselbach im Knast offenbar erhalten, der Weg zur NPD-Alternative DIIIW ist aus den genannten persönlichen Befindlichkeiten verbaut. Ohne Wahlen in naher Zukunft, dürfte es bei der Gründung einer weiteren Organisation vor allem darum gehen, der Konkurrenz im rechten Lager Anhänger abzujagen.
Warum sich Hasselbach gerade jetzt der Rechten zuwendet und nicht in der NPD aktiv wird, ist unklar. Möglicherweise ist den Nationaldemokraten auch die Mitgliedschaft eines Aktivisten mit einer derartig nationalsozialistischen Vergangenheit angesichts des aktuellen Verbotsverfahrens zu heiß. Erst kürzlich hatte der Parteivorstand den Chef der Hamburger NPD, Thomas Wulff, mehrheitlich „mit sofortiger Wirkung“ seines Amtes enthoben. Er hatte öffentlich bekannt, «Nationalsozialist» zu sein.
Wie positioniert sich der NPD-Landesvorsitzende Karl Richter?
Die Gründung des Kreisverbandes der Rechten scheint dagegen nicht im Streit mit dem bayerischen NPD-Vorsitzenden erfolgt zu sein. Richter selbst hielt auf der Veranstaltung ein Grußwort, vorgestellt wurde er im Bericht als Vorsitzender der Münchner BIA. Eigentlich stellt die Rede Richters ein ziemliches Politikum dar. Er ist immerhin noch stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD und die Rechte eine konkurrierende Partei. 2013 hatte der Parteivorstand Thorsten Heise, stellvertretender Vorsitzender der NPD Thüringen, verboten, auf der Mai-Demonstration der Rechten in Dortmund zu reden. Gerade im Ruhrgebiet herrscht eine offene Feindschaft zwischen beiden Parteien, sogar von Anschlägen ist die Rede.
Richter dürften dagegen Konsequenzen erst einmal egal sein, hat ihn doch die NPD in letzter Zeit nicht gerade liebevoll behandelt. Er verlor den Posten als Chefredakteur bei der NPD-Zeitung Deutsche Stimme, er wurde für das desaströse Abschneiden der bayerischen Nationaldemokraten bei den Wahlen 2013 verantwortlich gemacht und seine Ambitionen auf einen Platz im Europäischen Parlament wurden auf dem Parteitag mit einer schallenden Watschen beantwortet. Zudem hat mit Sigrid Schüssler seine scheinbar einzig Verbündete auf Bundesebene ihr Amt als Vorsitzende der NPD-Frauen hingeworfen. Mit seinen rund 2.500 Euro Aufwandsentschädigung pro Monat als Münchner Stadtrat ist er gut abgesichert.
Laut dem Münchner aida-Archiv nahmen außer Roland Wuttke und Sven G. an der Veranstaltung kaum aus FNS-Zusammenhängen bekannte Akteure teil. Das Treffen fand laut dem Rechercheportal in der Kneipe «Corso Stub›n» statt, deren Wirt jede Veranstaltung an dem Tag gegenüber Medien abgestritten haben soll.
Neben der Gründung des Kreisverbandes stand ein Vortrag des nordrhein-westfälischen Partei-Funktionärs Sascha Krolzig auf dem Programm, sowie die Gründung eines Münchner Ablegers der „Gefangenenhilfe“, die ähnlich wie die verbotene „Hilfsgemeinschaft für nationale Gefangene und deren Angehörige“ (HNG) rechtsextreme Straftäter in der Szene halten soll. Passend dazu wurde laut dem Bericht auch noch ein Grußwort des mittelfränkischen Holocaust-Leugners Gerd Ittner verlesen, der sich nach mehrjähriger Flucht vor den deutschen Behörden nun in der JVA Bayreuth in Haft befindet.