Williamson und Roßmüller blitzen vor Gericht ab

Unzufrieden mit den ersten Urteilen, beschritten in den vergangenen Wochen sowohl der Holocaustleugner Richard Williamson als auch der bayerische NPD-Landesvize Sascha Roßmüller den Weg durch die Instanzen. Aber beide Entscheidungen hatten Bestand. Die Anwälte des ehemaligen Bischofs der erzkonservativen Piusbruderschaft kündigen derweil den Gang vor das Bundesverfassungsgericht an.
Wie verschiedene Medien berichten, verwarf das Oberlandesgericht Nürnberg letzte Woche die Revision Williamsons und bestätigte die Urteile aus Regensburg. Es bleibt damit bei der Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20,- Euro.
Die Gerichte sahen es als erwiesen an, dass der Brite bei einem Besuch in der Dependance der erzkonservativen Piusbruderschaft in Zaitskofen bei Regensburg den Holocaust geleugnet und sich damit der Volksverhetzung strafbar gemacht hat. Er bestritt konkret die Existenz von Gaskammern im Vernichtungslager Auschwitz Birkenau und reduzierte die Zahl der jüdischen Opfer auf 200.000 bis 300.000, die nur aufgrund der schlechten Umstände dort umgekommen seien und nicht durch vorsätzliche Handlungen der Nazis.
Sympathisant von Williamson zu Gefängnisstrafe verurteilt
Grundlage der Verurteilung war die Überzeugung der Gerichte, dass Williamson damit gerechnet hat bzw. damit rechnen musste, dass seine gegenüber einem schwedischen TV-Team gemachten Aussagen auch in Deutschland publik würden und hier zu einer gravierenden Beeinträchtigung des öffentlichen Friedens führen könnten. Und in der Tat erfolgte eine öffentliche Debatte um die Äußerungen des Briten und die Haltung des damaligen Papstes zum Orden. Laut Staatsanwaltschaft gingen auch zehn Anzeigen bei den Strafverfolgungsbehörden ein.
Die insgesamt vier öffentlichen Verhandlungen in Regensburg zogen auch immer wieder Williamsons Brüder im Geiste an, die interessiert den Ausführungen seiner Anwälte lauschten. Ihr Idol erschien aber zu keiner der Verhandlungen. Ein Sympathisant, Gerd Walther, zog mit ähnlichen Äußerungen in einer Verhandlungspause die Aufmerksamkeit auf sich und wurde wegen Volksverhetzung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Seine Revision wurde nach Informationen von Regensburg Digital abgewiesen.
Auch im Fall Williamson blieb es in allen Verhandlungen bei einem Schuldspruch, zudem hielt man jeweils zwischen 90 und 100 Tagessätzen für schuldangemessen. Nur die Höhe der Tagessätze verringerte sich, weil sich der heute 74-Jährige im Laufe der Verhandlungen mit seinem Orden überworfen hatte und über weniger finanzielle Mittel verfüge. Von einer „Rate“ in Höhe von 100 Euro ging es zuletzt runter auf nunmehr 20 Euro, was auch sinnbildlich für den Abstieg des Bischofs ist.
Williamsons Anwälte raten zu Gang nach Karlsruhe
Die vier Verhandlungen in Regensburg waren auch nötig, weil das Oberlandesgericht Nürnberg den ersten Strafbefehl gegen Williamson für rechtsfehlerhaft hielt und aufhob. In den ersten Verhandlungen konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man zunächst die Causa Williamson von Seiten der Strafverfolgungsbehörden auf die leichte Schulter genommen hatte. Man hatte die Aussagen des Beschuldigten auf Video und sie wurden von diesem nicht bestritten. Der erneuerte Strafbefehl der Staatsanwaltschaft behob die formalen Fehler seines Vorgängers, auch das Oberlandesgericht Nürnberg sah keine Rechtsfehler mehr und bestätigte die Entscheidung. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Als letzte Hoffnung bleibt dem Bischof nur der Gang nach Karlsruhe vor das
Bundesverfassungsgericht. Seine Anwälte, Edgar Weiler und Andreas Greipel, haben in einer veröffentlichten Presseerklärung eine Verfassungsbeschwerde angekündigt, um notfalls auch noch vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen zu können.
Bandido Roßmüller bleibt „Sicherheitsrisiko“
Schon im Februar entschied der 22. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (BayVGH) über die Berufung des NPD-Funktionärs Sascha Roßmüller aus Rain bei Straubing. Dabei wandte er sich gegen den Entzug seiner Bewachungserlaubnis durch das Landratsamt Straubing-Bogen.
Roßmüller ist einer der bekanntesten Führungsfiguren der extremen Rechten im Freistaat. Er gehört dem 1993 verbotenen Nationalen Block an, über den Bundesvorsitz der NPD-Jugend Junge Nationaldemokraten (JN) ging es in den NPD-Bundesvorstand bis hinauf zum Amt des stellvertretenden Parteivorsitzenden. Aktuell ist er Stellvertreter des bayerischen NPD-Vorsitzenden Karl Richter und wird von der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag als Parlamentarischer Berater geführt.
Roßmüller hatte diese Erlaubnis im Jahr 2008 trotz seiner rechtsextremen „Karriere“ zunächst erhalten und die Taranis Sicherheitsdienst GbR zusammen mit einem Partner betrieben. Weitere Geschäftsfelder sind mittlerweile ein Onlinehandel mit Textilien, Büroservice und Arbeitnehmerüberlassung.
SPD-Anfrage brachte Stein ins Rollen
Auf Nachfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Florian Ritter hin unterzog das Landratsamt Roßmüller einer erneuten Prüfung. Dabei kam zu Tage, dass Roßmüller seit 2009 Mitglied des Regensburger Chapters der Bandidos war, einer „Outlaw Motorcylce Gang“ (OMCG) und dort mittlerweile zum „Secretary“ (Schriftführer) aufgestiegen war. Zudem kam es Weihnachten 2010 in Straubing zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung unter Mitgliedern der rivalisierenden Bandidos und des MC Gremium, bei denen Roßmüller nach eigener Auskunft vorher Mitglied war, bevor er zu den Bandidos wechselte. Seine genaue Beteiligung an der Auseinandersetzung, bei der auch Messer verwendet wurden und es zwei Schwerverletzte gab, konnte strafrechtlich nicht geklärt werden.
Das Landratsamt widerrief die Bewachungserlaubnis. Roßmüller klagte, das Verwaltungsgericht Regensburg teilte die Entscheidung der Behörde. Diese Einschätzung wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Aktenzeichen 22 BV 13.1909) als nächster Instanz bestätigt.
Rocker demokratisch entscheidende, persönlich und charakterlich untadelige Leute?
Roßmüller hatte laut Gerichtsakten versucht, ein eher harmloses Bild der OMCG zu zeichnen und den Vorfall an Weihnachten als eine private Auseinandersetzung, wie sie überall vorkommen könne, relativiert. Zudem hätte der Bandido nach eigener Aussage schon in vielen Verfahren als Zeuge ausgesagt und würde somit den Vorrang der staatlichen Gewalt anerkennen und Selbstjustiz ablehnen.
Das Gericht sah in dem Vorfall dagegen eine Art Revierkampf, provoziert von den Bandidos durch ein martialisches Auftreten als organisierte Gruppe an dem Abend. Die Auseinandersetzung lasse auch Zweifel an Roßmüllers Akzeptanz des staatlichen Gewaltmonopols aufkommen, sei die Aufklärung letztendlich an einer „Mauer des Schweigens“ gescheitert, so die Behörden. Auch die Bandidos hätten intern keinerlei Konsequenzen gegenüber den Hauptbeteiligten gezogen und somit einer Wiederholung auch nicht vorgebeugt.
Weiterhin fielen die Ausführungen Roßmüllers, bei den Bandidos handle es sich um „demokratisch entscheidende, persönlich und charakterlich untadelige Leute“, negativ auf ihn zurück. Könne man bei Jugendlichen und Heranwachsenden über martialische Sprüche wie «God forgives, Outlaws don´t“ hinwegsehen, könne von in Beruf und Familie stehenden Erwachsenen eine „äußere und innere Distanzierung von derartigen Aussagen erwartet werden“, so das Gericht.
Zusammenfassend kamen
auch die Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu folgendem Ergebnis:
„Im vorliegenden Fall gefährdet die fehlende Zuverlässigkeit des Klägers das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als wichtiges Gemeinschaftsgut. Es wäre mit der besonderen Stellung des Bewachungsgewerbes und seiner polizeiähnlichen Funktion nicht vereinbar, würde der Kläger als Bewachungsunternehmer auch in seiner Berufsausübung konfliktträchtige Situationen gezielt herbeiführen, gewaltbereite Dritte bewusst provozieren und anschließend an der strafrechtlichen Aufarbeitung der daraus entstandenen Eskalation nicht mitwirken.
Dann wäre der Kläger als Bewachungsunternehmer gerade keine Entlastung für die staatlichen Sicherheitsbehörden, sondern eine Belastung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.“
Rocker-Funktionäre auch waffenrechtlich unzuverlässig
Die Entscheidung folgt damit auch einer Entscheidung des 21. Senats vom Oktober vergangenen Jahres (Aktenzeichen: 21 B 12.960). Dieser hatte über den Entzug eines kleinen Waffenscheins zu befinden, der dem Vizepräsidenten der Bandidos Passau ausgestellt worden war. Die Richter befanden in ihrer Begründung, dass bei Funktionsträgern, die sich in besonderer Weise zu einer Organisation bekennen, immer auf die Gesamtorganisation abgestellt werden müsse. Die Behörden dürfen dabei – ähnlich wie bei der Prognose über die Zuverlässigkeit im Bewachungsgewerbe – waffenrechtlich immer von einer Unzuverlässigkeit ausgehen, auch wenn die Person selber oder die einzelne Gruppe noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten seien.
Der Entzug der Bewachungserlaubnis verletze Roßmüller auch nicht in seinen Grundrechten und sei auch nicht unverhältnismäßig, so das Gericht abschließend, da es ihm freistehe, sich andere, nicht sicherheitsrelevante Geschäftsfelder zu erschließen. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, es ist damit rechtskräftig. Die Domain seiner Firma wurde laut denic am 31.03.2014 gelöscht.