Freies Netz Süd klagt gegen Verbot

Über das Verbot des Kameradschaftsnetzwerkes Freies Netz Süd wird vor Gericht entschieden. Das ist nun sicher. Bei den zuständigen Verwaltungsgerichten sind entsprechende Klagen eingegangen. Die Neonazis bitten derweil um Spenden.
131 Seiten sei die Verbotsverfügung des Bayerischen Innenministeriums lang, berichten betroffene Neonazis. Ausgesprochen wurde die Maßnahme am 23. Juli. Einbezogen in die Anordnung waren neben der Organisation, dem Freien Netz Süd, auch die ausgiebig genutzte Immobilie im oberfränkischen Oberprex (Landkreis Hof) sowie der von den führenden FNS-Kadern Matthias Fischer und Tony Gentsch betriebene Internethandel Final Resistance.
Bei den zuständigen Gerichten gingen insgesamt drei Klagen ein. Der vierte Senat des Verwaltungsgerichtshofs wird über das Organisationsverbot entscheiden. Beim Verwaltungsgericht in Bayreuth liegen die Verfahren bezüglich des Versandhandels und der Beschlagnahme der Immobilie, wie eine Sprecherin ENDSTATION RECHTS. Bayern bestätigte.
Parallel dazu veröffentlichte die rechtsextreme Internetplattform „Altermedia“ einen für den Klägerkreis von Roy Asmuß unterzeichneten Spendenaufruf mitsamt der Daten eines Kontos bei der Sparkasse Altötting / Mühldorf. Der ostbayerische Neonazi war zuletzt presserechtlich verantwortlich für die Internetseite des Netzwerkes. Diese Position hat ihm mindestens eine Verurteilung eingebracht. Er hatte einen Polizeibeamten ohne dessen Einwilligung zunächst gar nicht und später nur unzureichend verpixelt abgebildet. Diese Seite war bereits vor dem Verbot von den Neonazis nicht mehr aktualisiert worden. Am 23. Juli wurde sie behördlich abgeschaltet.
In dem Schreiben bleibt das FNS bei seiner bisherigen Darstellung, man sei nur eine „Informationsplattform“ gewesen und das Haus reiner Privatbesitz einer unpolitischen Frau, der Mutter von Tony Gentsch.
Das Innenministerium geht dagegen davon aus, dass das FNS feste Strukturen hatte, gegen die mit Hilfe des Vereinsrechts vorgegangen werden kann. Anhand der bei der Razzia 2013 gesammelten Beweise ermittelten die Behörden einen Führungskreis um Matthias Fischer und den mittelfränkischen Neonazi Norman Kempken, der von einem erweitertern Zirkel von führenden Aktivisten lokaler Kameradschaften unterstützt wurde. Diese hielten die Verbindung zur „Basis“. Weil die beiden führenden Köpfe auch schon in der 2004 verbotenen Fränkischen Aktionsfront aktiv waren, stufen die zuständigen Stellen das FNS als Ersatzorganisation einer illegalen Vereinigung ein, die aufzulösen sei.

Auch das Anwesen in Oberprex war mehr als ein Privathaus. Der ebenfalls verbotene Versand Final Resistance hatte dort seinen Sitz. Das Anwesen, ein ehemaliger Gasthof, beherbergte nicht nur zwei rechtsextreme Bewohner, sondern war Schauplatz von Festen, Schulungen und sonstigen politischen Veranstaltungen. 44 Einträge listete eine Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katharina Schulze und Ulrike Gote (Bündnis90/Die Grünen) für den Zeitraum von 2010 bis Februar 2014 auf.
Am 12. Juli
feierte der Stützpunkt Hochfranken / Vogtland der neonazistischen Partei Der Dritte Weg dort ein Sommerfest. Die im September 2013 gegründete Vereinigung hat in vielen Bezirken Bayerns die Nachfolge des FNS angetreten. Fünf „Stützpunkte“ wurden offiziell im Freistaat gegründet. FNS-Kader fungieren als Leiter bzw. treten für die lokalen Strukturen in Erscheinung. Interessanterweise wurde der Spendenbrief bisher nicht auf der Seite des Dritten Weges veröffentlicht. Eventuell sollen so offizielle Verbindungen zwischen den beiden Organisationen verschleiert werden.
Es ist kein Mammutprozess wie etwa beim Verbot des Aktionsbüros Mittelrhein zu erwarten, trotzdem dürfte sich das Verfahren hinziehen. Mit einer Entscheidung in Bayreuth ist dieses Jahr nicht mehr zu rechnen, so das Gericht zu ENDSTATION RECHTS. Bayern. Vermutlich wird die Kammer abwarten, wie die Richter am Verwaltungsgerichtshof über das Organisationsverbot urteilen. Nach Einreichung der Klagen steht den bayerischen Neonazis nun Akteneinsicht zu.
Der Spendenaufruf ist – soweit bekannt – der erste aus der bayerischen Kameradschaftsszene für einen „Rechtskampf“. Die Kosten der bisherigen Verfahren gegen einzelne Kader oder Klagen gegen Kundgebungsverbote – und das waren nicht gerade wenige – wurden anderweitig aufgebracht. Woher die Gelder für die bisherigen Verfahren gegen einzelne Kader oder gegen Kundgebungsverbote kamen, ist nicht bekannt. Dass alle Kosten jeweils privat getragen wurden, ist eher unwahrscheinlich.