Neonazi-Partei nun mit Stützpunkt in Unterfranken

T-Shirt der Partei "Der Dritte Weg"

Die neonazistische Kleinstpartei Der Dritte Weg hat ein Jahr nach ihrer Gründung auch einen Ableger in Unterfranken aus der Taufe gehoben. Am 13. September wollen sich „Kameraden“ zur Stützpunktgründung getroffen haben. Einen Personalwechsel gab es derweil beim Stützpunkt Hochfranken / Vogtland. Daraus könnte die Gründung eines Landesverbandes resultieren.

Ein Stützpunkt ist laut Duden eine Basis, die als Ausgangspunkt für bestimmte strategisch-taktisch wichtige Unternehmungen dient. Nicht immer befindet sich dieser abgegrenzte Bereich in einer freundlich gesinnten Umgebung. Das dürfte dem Selbstbild der Partei Der Dritte Weg entsprechen, die sich vor etwa einem Jahr in Heidelberg gegründet hat, sich laut bayerischen Behörden stark an den historischen Nationalsozialismus anlehnt und der demokratischen Gesellschaft feindselig gegenübersteht. Die NPD-Jugend Junge Nationaldemokraten bezeichnet ihre lokalen Gliederungen ebenfalls als „Stützpunkte“.

Einen weiteren dieser Stützpunkte will Der Dritte Weg am 13. September in Unterfranken etabliert haben. Etwa 40 Personen sollen der Einladung gefolgt sein, berichtet die Internetseite der Partei. Ein Stützpunktleiter sei gewählt worden, dieser stamme aus dem Raum Schweinfurt. Der Namen indes wird der Öffentlichkeit vorenthalten. Schon vor der Gründung des lokalen Ablegers gab es Aktivitäten der Partei im fränkischen Bezirk, hauptsächlich Verteilaktionen und eine Versammlung. Außerdem soll eine „Spielergruppe Mainfranken“ an einem Fußballturnier der bayerischen Stützpunkte teilgenommen haben.

In den anderen bayerischen Bezirken haben Aktivisten des Kameradschaftsnetzwerkes Freies Netz Süd (FNS) die Führungspositionen übernommen. Die Partei gilt als Nachfolgeorganisation des im Juni verbotenen Zusammenschlusses. 41 Personen klagen nach Informationen des Bayerischen Rundfunks gegen das Verbot des FNS , das Verbot des Versandhandels „Final Resistance“ und die Beschlagnahmung der Immobilie in Oberprex.

Maßgebliche Aktivisten des FNS in Unterfranken waren zuletzt Matthias Bauernfeind, ehemaliger Bezirksvorsitzender der NPD, und der als Anti-Antifa-Fotograf auftretende Marcel Finzelberg.

Um die jüngsten Maßnahmen des Freistaats drehte sich Parteiangaben zufolge der Vortrag des Hauptredners Tony Gentsch am 13. September. Seiner Mutter gehörte die Immobilie, die vom Kameradschaftsnetzwerk und zuletzt auch der Partei häufig für Veranstaltungen genutzt wurde. Der Neonazi mit der Tätowierung der „Hammerskins“ im Nacken wiederholte die gängige Sprachregelungen: Die Mutter sei unpolitisch, zwei Menschen hätten von heute auf morgen ihre Wohnung verloren und das Freie Netz Süd sei nur eine Internetseite gewesen.

Personalwechsel in Hochfranken könnte Gründung eines Landesverbandes vorbereiten

Auch eine personelle Veränderung gab Gentsch an dem Abend bekannt. Der Stützpunkt Hochfranken / Vogtland sollkünftig von seinem bisherigen Stellvertreter Rico Döhler geführt werden. Döhler war einer der führenden Köpfe der Revolutionären Nationalen Jugend (RNJ) Vogtland, die mehrmals einen „Trauermarsch“ in Plauen organisierte. Trotz einer angeblichen Auflösung im September 2012, der eine Serie von Hausdurchsuchungen vorausgegangen war, marschierte die Gruppierung mit den alten Bannern später bei Aufmärschen des Freien Netz Süd mit. Der umtriebige Neonazi ist als häufiger Redner auf Veranstaltungen bekannt. Er sprach sowohl am 1. Mai in Plauen, als auch in Dresden beim „Tag der deutschen Zukunft“; dort als offizieller Vertreter für den Dritten Weg.

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gentsch plauen 2014
Tony Gentsch will sich neuen Aufgabenfeldern innerhalb des Dritten Weges widmen. Foto: Demo in Plauen 1.Mai 2014

Gentsch hingegen will sich „anderen Aufgabenfeldern innerhalb der Partei zuwenden.“ Das könnte die Gründung eines Landesverbandes andeuten, der nach den lokalen Ablegern die nächste Stufe eines Parteiaufbaus wäre. Von den offiziell acht Stützpunkten befinden sich sechs auf bayerischem Boden. Gentsch wäre nach dem Umzug von Matthias Fischer nach Brandenburg der designierte Kandidat. Allerdings brauchen die Kameradschaftsaktivisten für ihre Aktivitäten, die sie nun als „Partei“ entfalten, keinen Landesverband. Wie schon zu Zeiten des FNS koordiniert man sich eher informell. Die Gründung einer landesweiten Struktur könnte der Erfordernis geschuldet sein, den Status als Partei nicht zu verlieren und einem Verbot vorzubeugen.

Exkurs: Verein oder Partei?

Partei mit dem gleichnamigen Privileg, nur vom Bundesverfassungsgericht verboten werden zu können, wird man nicht durch Namensgebung, sondern durch die entsprechende Betätigung. Kennzeichen von Parteien ist es, im Bund oder einem Land Einfluss auf die politische Willensbildung zu nehmen. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Umfang und Festigkeit der Organisation, Zahl der Mitglieder und Hervortreten in die Öffentlichkeit müssen Gewähr für die Ernsthaftigkeit ihrer Zielsetzung bieten, sagt das Parteigesetz. Nach einer gewissen Karenzzeit in der Gründungsphase, müsse eine Vereinigung mit fortschreitender Dauer die Ernsthaftigkeit ihre Absichten untermauern, konkretisierten die Richter des Bundesverfassungsgerichts die Vorschrift.

Nach einem Beschluss des Zweiten Senats des Karlsruher Gerichts steht dieser Ernsthaftigkeitsnachweis sogar über der im Gesetzestext verankerten Verpflichtung, spätestens alle sechs Jahre an einer Bundestags- oder Landtagswahl teilzunehmen. Diese Beteiligung könne auch rein taktisch sein, um die Parteieigenschaft zu behaupten und sei somit nicht entscheidend.

Verharrt eine Vereinigung auf einem niedrigen Mitgliederbestand, trifft sie ein existenzgefährdender Mitgliederschwund oder hat sie eine dauerhaft schwache Organisation, ist sie keine Partei mehr. 1994 sah das Bundesverfassungsgericht das bei der Freiheitlich Deutsche Arbeiterpartei (FAP) von Altnazi Friedhelm Busse gegeben und sprach der Gruppierung ab, besonders schutzwürdig zu sein. Trotz der Teilnahme an der Landtagswahl 1990 in Nordrhein-Westfalen wurde die FAP Anfang 1995 nach dem Vereinsgesetz verboten.

Ein Landesverband könnte ein notwendiger Schritt sein, die Ernsthaftigkeit zu untermauern und die nötigen Strukturen für einen Teilnahme an Wahlen in Bayern zumindest vorzuhalten. Ob Der Dritte Weg sich tatsächlich dem Votum der Bevölkerung stellt, muss die Partei erst in ein paar Jahren entscheiden. Bis dahin bleibt Zeit für die eigentlichen Bestätigungsfelder der Neonazi-Szene: Den „Kampf um die Straße“ und das Vorgehen gegen Flüchtlinge und den politischen Gegner.