Kundgebung – Tausend Bamberger Bürger gegen Berlins NPD-Chef Schmidtke

Mit einer eindrucksvollen Kundgebungen haben am Samstag viele Einwohner Bambergs gegen eine Versammlung, zu der die Verantwortlichen einer lokalen rassistischen Facebook-Seite aufgerufen hatten, Stellung bezogen. Helfen musste den 45 meist ortsansässigen Rechtsextremisten der Vorsitzende der Berliner NPD, Sebastian Schmidtke, der seine Argumentation auf einem klassischen Stück rechter Bauernfängerei aufbaute.
„Räumlich trennen uns vielleicht fünfzig Meter, inhaltlich dagegen Welten“ bilanzierte Gunter Pierzdig, Sprecher der nordbayerischen Bündnisse gegen Rechts, das Geschehen vor Ort. Die oberfränkische Polizei hatte den großen Maximiliansplatz in der Innenstadt in drei Teile geteilt. Ein Drittel für die Zivilgesellschaft, ein Drittel für die rechtsextreme Veranstaltung, dazwischen eine Pufferzone. Das Bündnis „Bamberg ist bunt“ sowie die Studierendenvertretung konnten unter dem Motto „Bamberg schützt Flüchtlinge – Bamberg wehrt sich gegen Nazis“ um die Tausend Unterstützer mobilisieren; verloren wirkten dagegen die etwa 45 Anhänger der rechten Szene, die sich über eine Stunde nach Beginn der bürgerlichen Veranstaltung in ihrem Teil des Platzes einfanden.
Rechtsextremisten finden Gefallen am Pegida-Style
Der Aufruf kam von den Verantwortlichen der Facebook-Seite „Bamberg WEHRT SICH – Asylmissbrauch nein Danke“. Es war die zweite öffentliche Veranstaltung der Initiative. Ende Oktober hatten sie zu einer Demonstration aufgerufen und etwa 180 Rechtsextremisten zogen durch die oberfränkische Universitätsstadt. In der Zwischenzeit wurden regelmäßig die „Spaziergänge“ des Würzburger Pegida-Ablegers Wügida beworben. Und ganz in der Tradition der Islamfeinde gaben sich die Teilnehmer nun bei dieser Veranstaltung. Die schwarz-weiß-roten Fahnen mit der Aufschrift Bamberg, die noch bei der Demonstration im Oktober und beim „Heldengedenken“ des Dritten Weges in größerer Zahl geschwenkt wurden, blieben zu Hause. Mitgebracht wurden zwei Deutschlandfahnen und zwei Banner.
Inhaltlich unter die Arme greifen musste den Rechtsextremen, die auf Facebook zunächst als „besorgte Bamberger Bürger“ angetreten waren, ein bekannter Akteur: Berlins NPD-Chef Sebastian Schmidtke. Wie schon im Oktober, als ausschließlich bekannte Neonazis für die Inhalte sorgten, wagte sich wieder kein regionaler Anhänger ans Mikro. Einen lokalen Bezug konnte Schmidtke nur durch seinen Hinweis auf 700 in Bamberg erwartete Flüchtlinge herstellen. Gebetsmühlenartig betonte der mehrfach verurteilte NPD-Mann, Bamberg dürfe nicht wie Berlin werden. Eine Rede also, die er mit Ausnahme Berlins ebenso in jeder anderen Stadt halten könnte. Er wurde dann auch am Sonntag bei Pegida in Dresden gesehen.
Rechte Bauernfängerei
Schmidtke baute seine Rede auf der Aussage auf, nur etwa ein Prozent der Antragssteller bekämen Asyl. Der übergroße Rest hingegen seien Wirtschaftsflüchtlinge, die eigentlich sofort abzuschieben seien. Mit dieser verqueren Darstellung der amtlichen Statistik hausierten bereits in der Vergangenheit Rassisten und Neonazis, um Stimmung zu erzeugen. Ein Blick auf die amtlichen Zahlen verrät: unter den Schutz des Artikel 16 a des Grundgesetzes fielen 2014 zwar nur 1,8 Prozent der Antragssteller, aber damit endet die Statistik nicht.
Wer aus einem Bürgerkriegsgebiet wie Syrien flieht, gilt nicht als individuell verfolgt; bedroht ist sein Leben, seine Gesundheit und Freiheit dennoch. Für diese Menschen gibt es Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention und anderen Abkommen. 24,1 Prozent fielen 2014 in diese Kategorie. Insgesamt wurden letztes Jahr nur 33,4 Prozent der Anträge als unbegründet
zurückgewiesen, der niedrigste Wert seit Jahren. Abgelehnt wurden vor allem Bewerber aus den Balkanländern, die oft der Minderheit der Roma angehören. Diese werden in ihren Heimatländern zwar diskriminiert, verfolgt und ausgeschlossen, ihre Situation aber passt nicht ganz auf das bürokratische Asylverfahren, das eher auf politische Dissidenten und Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen ausgerichtet ist.
Geniales Banner in #bamberg. "Rassisten, geht nach Haus!"
#nonazis #nazi #lifeofbrian #Rassismus pic.twitter.com/ZMHsk6UyFU
— Endstation Rechts. (@ER_Bayern) 24. Januar 2015
In Zeiten von Pegida durften natürlich auch angebliche Bedrohungen durch eine vermeintliche Islamisierung nicht fehlen. In 32 Jahren, wollte Schmidtke wissen, seien die Muslime in Deutschland in der Mehrheit, Frauen müssten sich verschleiern und Kirchen würden verschwinden.
Da müssen sich die Moslems aber ran halten, um die Folgerungen des Berliner NPD-Vorsitzenden zu erfüllen. Studien entlarven das Schmidtke-Szenario schnell als Humbug: Bis 2030 soll die Zahl der muslimischen Menschen in Deutschland laut einer Studie des US-Instituts Pew Research auf lediglich 5,5 Millionen Einwohner ansteigen, einem Anteil von 7,1 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Über Einwanderung dürfte sich diese „moslemische Übermacht“ jedenfalls nicht herstellen lassen. Auch bei der Geburtenrate wäre ein totaler Turnaround nötig, gleichen sich doch die Geburtenraten von moslemischer und nicht-moslemischer Bevölkerung in ganz Europa an, so die US-Forscher.
Die Veranstaltung, die laut Polizei von einer Angehörigen der lokalen rechten Szene angemeldet worden war, endete nach knapp einer Stunde ohne nennenswerte Zwischenfälle. Die etwa 45 Rechtsextremisten, zu denen kurz vor Ende der Veranstaltung auch der Landesgeschäftsführer der NPD Bayern, Axel Michaelis gestoßen war, verstauten die Musikanlage und verließen den Platz. Kurz darauf beendeten auch die Neonazigegner ihre Kundgebung.