Politischer Aschermittwoch NPD bohrt mit dem Finger tief in der eigenen Wunde

NPD-Fahne (Foto: Endstation Rechts.)

Drei Monate nach den Neuwahlen im NPD-Landesvorstand sollte der alljährliche „Politische Aschermittwoch“ in Plattling die erste wichtige Veranstaltung für den Landesverband werden. Doch nach einer Absage des Events konnte sich die Partei am Ende lediglich am örtlichen Marktplatz versammeln – mit gerade mal einer Handvoll Personen. Ein neuer Tiefpunkt.

Eigentlich sollte es die erste große Veranstaltung für den neu gewählten Landesvorstand der bayerischen NPD werden. Großspurig hatte die Partei noch vor zwei Wochen über Facebook und Twitter ihren obligatorischen „Politischen Aschermittwoch“ beworben, der am 18. Februar im niederbayerischen Plattling durchgeführt werden sollte. Unter dem Motto „Bei uns hören Sie, was am Nockherberg nicht gesagt werden darf“ waren neben dem niederbayerischen Bezirksvorsitzenden Alfred Steinleitner und dem Nürnberger BIA-Stadtrat Ralf Ollert auch der neue Landesvorsitzende Franz Salzberger als Redner angekündigt, thematisch sollte es u.a. gegen „EU-Fanatiker“ und „Multi-Kulti-Extremisten“ gehen. Normalerweise, so versprach es die Partei vorab in ihrem Online-Aufruf, sollte es ein „geselliges“ Event werden, bei dem die NPD laut eigenen Angaben „wie jedes Jahr den Finger in die Wunde legen“ würde.

Doch dass der „Politische Aschermittwoch“ 2015 nicht wie angekündigt durchgeführt werden kann, war in Wahrheit schon relativ bald absehbar. Bereits einen Tag nachdem der Aufruf der Neonazis veröffentlicht wurde, berichtete das antifaschistische Bündnis „Deggendorf Nazifrei“ unter Berufung auf den Stadtrat von Plattling, dass die Veranstaltung in den ursprünglich angemieteten Räumlichkeiten einer Plattlinger Gaststätte aus unklaren Gründen wieder abgesagt worden wäre. Das zuständige Gewerbe- und Ordnungsamt der Stadt, das bezüglich der Durchführung der braunen Veranstaltung telefonisch mit dem fraglichen Gastwirt in Kontakt getreten ist, bestätigte diese Information später auf E-Mail-Anfrage des „blick nach rechts“.

Franz Salzberger auf dem Weg zur Veranstaltung 2014 in Deggendorf

Trotz dieser neuen Erkenntnisse gab es seitens der NPD zunächst weder auf der Website des Landesverbands noch auf dessen Facebook- oder Twitter-Auftritt eine Stellungnahme in dieser Angelegenheit; nach außen hin wurde die Mobilisierung noch über mehrere Tage hinweg aufrechterhalten. Erst am Freitag letzter Woche, als die Information bereits seit mehren Tagen kursierte, bestätigte der niederbayerische NPD-Bezirksvorsitzende Alfred Steinleitner den Ausfall der Veranstaltung. Grund hierfür sei nach Angaben der Partei eine angebliche Einschüchterung des Gastwirts durch „aggressiv drohende ‚Tolerante’“ gewesen, in deren Folge „aus Sicherheitsgründen“ das Zusammentreffen abgesagt worden sei. Tatsächlich, so berichtet es hingegen das Bündnis Deggendorf Nazifrei, habe der Gastwirt von sich aus den „Politischen Aschermittwoch“ abgesagt, als er von der politischen Ausrichtung Steinleitners und den Hintergründen der in seinen Räumlichkeiten geplanten Veranstaltung erfahren habe.

Als Reaktion auf die Absage kündigte die NPD am Freitag in einer Mitteilung schließlich Beratungen des Landesvorstands an, die am Wochenende vor dem Aschermittwoch stattgefunden haben sollen. Dabei sei unter anderem auch über mögliche Alternativen für die die ausgefallene Veranstaltung debattiert werden. Dass das Event tatsächlich noch planmäßig durchgeführt werden kann, glaubten die NPD-Organisatoren aber offenbar schon vor der Beratung nicht mehr wirklich: „Sollte man sich nicht einigen können“, hieß es bei der rechtsextremen Partei schon im Vorfeld, „könnte es durchaus auch ein Aschermittwoch ohne NPD werden.“

Spaziergang ganz unter
sich statt geselliger Veranstaltung

Genauso sollte es am Ende kommen. Einen Tag vor dem „Politischen Aschermittwoch, am 17. Februar, gab die NPD via Facebook schließlich die definitive Absage ihres „geselligen Aschermittwochs“ bekannt. Der „Politische Aschermittwoch“ der NPD konnte damit erstmals seit langem nicht durchgeführt werden. Alternativ kündigte die Partei an, dass sich „der NPD-Landesvorsitzende Franz Salzberger, der NPD-Bezirksvorsitzende Niederbayern Alfred Steinleitner und etliche andere NPD-Aktivisten, die sich nicht vertreiben lassen wollen“, vor der Gaststätte versammeln würden. Sie wollten dort angeblich „für angeregte Gespräche oder einen gemeinsamen Spaziergang zur Verfügung stehen“, hieß es im Vorfeld.

Tatsächlich sollen sich am Ende jedoch allenfalls eine Handvoll Aktivisten der Partei eingefunden haben, Salzberger und Steinleitner inklusive. Während die NPD selbst von „13 Leuten“ spricht, die „sich bis 16.00 Uhr in Plattling bewirten ließen“, berichten „Deggendorf Nazifrei“ von bloß vier Personen, die schon nach 45 Minuten wieder abgereist seien. Das Zusammentreffen der NPDler bezeichnet das antifaschistische Bündnis als „peinlichen Auftritt“.

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Auch neuer Vorstand schreibt Pannenserie fort

Für die bayerische NPD ist der gescheiterte „Politische Aschermittwoch“, der zu einer der wichtigen Events im Veranstaltungskalender der Partei zählt, ein weiterer Tiefpunkt in einer ganzen Serie von Pannen. Negativ zurück fällt das vor allem auf den neuen Landeschef Franz Salzberger, für den die Veranstaltung zugleich das erste bedeutende Event als neuer Vorsitzender werden sollte. Der niederbayerische Tischlermeister dürfte die Partei im November 2014 insbesondere mit dem Auftrag übernommen haben, die Situation in dem krisengebeutelten Landesverband zu entspannen und eine erfolgreiche Neuausrichtung voranzutreiben.

Zuvor hat die Bayern-NPD unter seinem Vorgänger Karl Richter mit einer Vielzahl von Pannen für Schlagzeilen gesorgt. Neben dem verfehlten Antritt bei den Landtagswahlen, der die NPD viel Geld gekostet hat, fielen unter anderem auch gescheiterte Veranstaltungen wie der „Bayerntag“ unter seine Ägide. Zudem war es Richter nicht gelungen, die Handlungsfähigkeit des Verbands nachhaltig auszubauen; bis heute liegt die NPD in weiten Teilen Bayerns brach.

Mit ähnlichen Problemen hat nun offenbar auch der Landesverband unter Salzbergers Leitung zu kämpfen. Denn selbst wenn die von der NPD erhobenen Vorwürfe, dass es Drohungen gegen den Gastwirt gegeben habe, zutreffen würden, muss sich die NPD innerparteilich bestimmt den Vorwurf gefallen lassen, die Organisation einer sicheren Veranstaltung nicht auf die Reihe bekommen zu haben. In den letzten drei Jahren, als das Event stets in dem bekannten Deggendorf Szene-Treffpunkt „Gasthaus Gruber“ stattfand, hatte die damals schon krisengebeutelte NPD immerhin zu keiner Zeit Probleme mit ihrem „Politischen Aschermittwoch“. Für den neuen Vorsitzenden und dessen Amtszeit dürfte die gescheiterte Veranstaltung deshalb kaum ein gutes Omen sein – letztlich hat die NPD nämlich den „Finger“ nicht in die Wunde anderer gelegt, sondern vor allem tief in der eigenen Wunde gebohrt.