Pegida Nürnberg – Mögliche Volksverhetzung und ein Einblick in die Vorstellungswelt der Islamhasser

Wieder nur 70 Anhänger brachte Pegida Nürnberg am Donnerstag auf den großen Jakobsplatz in der Nürnberger Innenstadt. Sie mussten lange ohne ihren Anti-Islamprediger Stürzenberger auskommen. Eindeutige und vermutlich auch strafbare Redeinhalte gab es auch ohne ihn.
Pegida hat sich in Bayern auf einem niedrigen Niveau eingepegelt. In München gehen seit einigen Wochen regelmäßig etwa 250 Anhänger auf die Straße, wenn der Aufmarsch planbar für alle am Montag stattfindet, darunter eine solide Anzahl bekannter Neonazis. Der bekannte Akteur Roland Wuttke trug dabei am Montag zeitweise das Fronttransparent. In Mittelfranken ist Pegida Nürnberg mit einigem Aufwand die bekannten Rechtsextremisten losgeworden. Dafür kamen dort bisher nur maximal 70 Teilnehmer zu den weittestgehend von Funktionären der islamfeindlichen Kleinstpartei Die Freiheit dominierten Veranstaltungen zusammen. Die Abwesenheit bekannter Neonazis bedeutet allerdings nicht, dass die Reden unproblematisch wären. Ganz im Gegenteil. Auch am Donnerstag gab es wieder Aussagen, die für die Strafverfolgungsbehörden interessant sein könnten.
Räuber, Invasoren und Eroberer werden ins Land geschaufelt
Gernot Tegetmeyer, Versammlungsleiter und Generalsekretär der Partei Die Freiheit, griff erneut nationalistische und völkische Argumentationsmuster auf. Irgendwer, wahlweise Rot-Grün bzw. die Bundesregierung, wolle eine entsolidarisierte Gesellschaft schaffen und „schaufle“ deshalb „Massen von Fremden in unser Land“, Menschen, die laut Tegetmeyer „keine Sozialisierung wie wir erlebt haben“. Er bezeichnete sie als „Invasoren und Eroberer“, „im günstigsten Fall“ seien es „durchziehende Räuber“ ohne Nutzen. Als Beleg nannte er die Anzahl der im Land lebenden Ausländer und damit wurde endgültig klar, wer mit „Räuber“ gemeint war. Zudem würden in dieser „Rekordzahl“ die nicht berücksichtigt, denen laut Tegetmeyer die Staatsbürgerschaft nachgeworfen worden sei. Auch sein anschließender Schwenk in Richtung Flüchtlinge dürfte nichts mehr daran ändern, dass er hier Teile der inländischen Bevölkerung angriff, sie beschimpfte und verächtlich machte. Das alles sind Merkmale der Volksverhetzung. Zumindest rechtfertigen Tegetmeyers Aussagen eine genauere Analyse durch die Strafverfolgungsbehörden.
Kopftuch gleich Hakenkreuz?
Wo der Funktionär der Freiheit ideologisch steht, wurde nach einer weiteren Aussage mehr als deutlich. Heftig kritisierte er das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach ein pauschales Verbot des Kopftuches für Lehrkräfte nicht mit der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit zu vereinbaren sei. In zwei – als Zitate gekennzeichneten Aussagen – stellte er die religiöse Kopfbedeckung der Hakenkreuzarmbinde gleich. Jedoch ordnete er die Aussagen keiner Person zu.
Eines der beiden Zitate stammte aus den Kommentarspalten des islamfeindlichen Blogs „Politically Incorrect“ (PI), in denen gerne unter dem Schutz der Anonymität noch deutlich heftigere Aussagen verbreitet werden als in den eigentlichen Artikeln. Tegetmeyer machte sich beide Äußerungen zu eigen. Dennoch sah sich der ehemalige Polizist selbst voll auf dem Boden des Grundgesetzes, dem er laut eigener Aussage wieder Geltung verschaffen wolle. Und zwar solange, bis es wieder eine Verfassung [sic!] für das Land gebe.
„Bezahlte“ Gegendemonstranten und Moscheen aus dem Steuertopf
Michael Stürzenberger, Kopf der bayerischen Pegida-Szene, traf erst verspätet ein. Ein Stau hatte laut seinen Angaben die Rückreise von Leipzig behindert. Ans Mikrofon mussten so ungeübte Redner treten, die einen kleinen Einblick in die Vorstellungswelt der Anhänger ermöglichten. Eine „Carmen“ hielt den Gegendemonstranten vor, bezahlt zu
werden. Außerdem war sie der Meinung, Moscheen würden vom Steuerzahler finanziert und gebaut.
Islamische Gemeinden sind allerdings nahezu komplett auf das Geld ihrer Gemeinden und aus Spenden aus dem Ausland angewiesen. Moscheen gibt es seit einigen Jahrzehnten im Land. Sie werden in den letzten Jahren zunehmend sichtbarer, weil sich die Gemeindeangehörigen über die Jahre den Wohlstand erarbeitet haben, um sie aus den Hinterhöfen zu holen. Öffentliche Förderung gibt es nur vereinzelt. In der Pauschalität waren ihre Aussage allerdings falsch.
Ein „Werner“ sprach anschließend Tunesien wegen des kürzlich erfolgten Anschlags ab, ein Musterland des arabischen Frühlings mit Demokratie und gewähltem Parlament zu sein. Im Satz zuvor hatte er noch behauptet, kein Land könne vor islamistischem Terror sicher sein.
Pegida Nürnberg schritt nach den Reden den üblichen kurzen Weg Richtung Färberstraße ab. Für den kommenden Donnerstag versprach Stürzenberger dann einen anderen Versammlungsort und eine längere Strecke. Die Demo wurde ohne die übliche Lichtaktion beendet – auch die Hymne wurde erst nach offiziellem Ende in den allgemeinen Aufbruch hinein abgespielt.
Die Polizei sprach während der Veranstaltung von 50 Teilnehmern, korrigierte die Zahl in der Pressemitteilung dann nach oben auf 70. Auf der Gegenseite sollen sich nach ihrer Schätzung 250 Personen versammelt haben, der Veranstalter sprach von 400 Teilnehmern am Protest. Die Einsatzkräfte klärten zudem die Identität von einigen vermummten Personen und sprachen in ihrer Bilanz von einer Beleidigung und einer Widerstandshandlung. Gegendemonstranten wollen kurz vor Aufbrauch zum „Spaziergang“ bei zwei Pegida-Anhängern den verbotenen Hitlergruß beobachtet haben. Zwei Rauchkörper wurden in den abgesperrten Bereich geworfen und landeten etwas ab von den Kundgebungsteilnehmern. Ein Islamgegner kickte sie zurück zu den dicht an dicht stehenden Gegendemonstranten. Ein Teilnehmer behinderte gezielt anwesende Fotografen, wofür sich andere Anhänger im Verlauf der Veranstaltung entschuldigten. Der Mann war Teil des Aufbau-Teams.