Pegida NürnbergNur wenige Teilnehmer, dafür viel Rassismus bei Neustart in Nürnberg

Pegida in Nürnberg gegen Ende der Veranstaltung. Im Hintergrund bei der Kirche ist schon Polizei

Zwischen 50 und 60 Anhänger verfolgten gestern den zweiten „ersten Spaziergang“ einer „Gida“-Bewegung in Nürnberg. Der erste Ableger war nach offizieller Begründung von zu „rechtslastigen Personen“ dominiert. Rassistische Reden und Verunglimpfung einer Religion bekamen die Anhänger trotzdem zu hören, gaben sich doch Parteichef und Generalsekretär der islamfeindlichen Kleinstpartei Die Freiheit gegenseitig das Mikro in die Hand.

Michael Stürzenberger, Autor des Hassblogs „Politically Incorrect“ (PI) und Parteichef der Kleinstpartei „Die Freiheit“, konnte gestern Abend einen kleinen Erfolg verbuchen. Es dürfte die erste seiner Pegida-Veranstaltungen gewesen sein, an der kein prominentes Mitglied der NPD oder Kameradschaftsszene teilgenommen hat. Dafür musste er sich mit zwischen 50 und 60 wohlgesonnenen Zuhörern zufrieden geben. An den Absperrungen rund um den Jakobsplatz verfolgten laut Schätzungen der Polizei über Tausend Menschen die Reden, die ihren Unmut lautstark kund taten. Beim ersten Spaziergang des nun inoffiziellen Pegida-Ablegers Nügida waren noch etwa 150 Anhänger auf Seiten der Islamhasser auf die Straße gegangen und blockiert worden.

Die geringe Teilnehmerzahl führte dazu, dass ein Großteil der aus München mitgebrachten Schilder und Banner keinen Abnehmer fanden, nach Beginn der Veranstaltung am Boden lagen und im Laufe der Veranstaltung -wieder im Transporter verstaut werden mussten.

Die Auflagen der Stadt Nürnberg für die Veranstaltung ließen zunächst aufhorchen. Wäre der Geist der Bestimmungen beachtet worden, wäre es bei Pegida wohl sehr still geworden. Eigentlich handelte es sich dabei um die Ausformulierung des Strafgesetzparagrafen zur Volksverhetzung.

Aus den Auflagen der Stadt Nürnberg

Die Freiheit, und immer wieder Die Freiheit

Inhaltlich stieg Versammlungsleiter Gernot Tegetmeyer, Generalsekretär der Kleinstpartei Die Freiheit, mit den neusten Dresdener Thesen ein. Er reichte das Mikrofon an Nicola Nowak aus dem Umfeld von Michael Stürzenberger weiter. Laut Bundeswahlleiter gehörte eine Nicola Nowak Ende 2014 als Beisitzerin zum Bundesvorstand der Partei Die Freiheit. In einer Mischung aus Gedicht und Rede forderte sie ein Verbot „der Antifa, der antifaschistischen Aktion sowie des Schwarzen Blocks in Deutschland.“ Sie verquickte weiterhin das Thema Arbeitsmigration mit dem Bereich Schutz von Flüchtlingen, wie es bei Pegida gerne geschieht. Für ihren Blick auf Streitigkeiten unter Schülern wählte sie eine rassistische Perspektive. Ebenso problematisierte sie nur Straftaten von Migranten und Asylbewerbern und forderte „eine rasche und konsequente Abschiebung aller Wirtschaftsflüchtlinge mit Integrationsstatus Null [sic!] aus unsicheren [sic!] Herkunftsländern“. Danach übergab sie an den Bundesvorsitzenden der Partei Die Freiheit, Michael Stürzenberger.

Zuspruch geringer als erwartet

Zu Beginn erklärte er „die „Nationalsozialisten“ zu „Linksextremisten“ , die schon damals mit dem Islam zusammengearbeitet hätten. Weiterhin beteuerte Stürzenberger, er sei auch gegen Rassismus und dafür, dass alle Menschen gleich wären, sah das aber vor allem „
durch den Islam“ verletzt. Spätestens hier war es vorbei mit der Rücksicht auf das religiöse Bekenntnis. Der Islam hätte in seinen Statuten das Morden manifestiert, so der Islamhasser aus München, und bezeichnete die Weltreligion wörtlich als „Gefahr für Deutschland und Europa“. Weiter ging es mit dem Thema Asyl. 70 Prozent der Bewerber bezeichnete er als nicht berechtigt. Über 70 Prozent der Asylbewerber seien Moslems. Zuletzt in München waren es bei ihm noch 60 Prozent. Und eben diese flüchtenden Moslems wollten das Land erobern und würden, bei Besinnung auf ihre Religion, eine feindliche Einstellung entwickeln. Das müsse laut Stürzenberger zur Abschaffung der Demokratie führen und dann würde es auch den linken Gegendemonstranten an den Kragen gehen.

Alle seine Sätze seien allerdings nicht gegen die Muslime, nicht gegen die Menschen gerichtet, sondern nur gegen die Ideologie. Solche Formulierungen dienten bereits in der Vergangenheit der Beschwichtigung möglicher Bedenken, doch vielleicht mit Pegida in der extrem rechten Ecke gelandet zu sein. Entsprechend ging es weiter. Momentan seien die meisten Muslime noch friedlich, aber wenn der „Ruf des Dschihad“ ertöne, dann werde auch aus dem „netten, friedlichen, türkischen Gemüsehändler um die Ecke“ „ein Gotteskrieger“, war sich Stürzenberger sicher. Er forderte die Kirchen auf, ihre Mitglieder im Sinne Pegida über den Islam „aufzuklären“. Alles andere wertete der PI-Autor als „Volksverrat am deutschen Volke“. Die Politik schaufle die feindlichen Menschen auch noch ins Land und hofiere sie.

Tegetmeyer sah bei Pegida noch keinen Rassismus, aber…

Als nächster durfte wieder Generalsekretär Tegetmeyer ans Mikro. Er wollte, angespornt durch ein Plakat bei den Gegendemonstranten, bei Pegida keinen Rassismus festgestellt haben. Aber: Den einzigen Rassismus, den „es zu bekämpfe gelte“, würde sich „in Deutschland gegen Deutsche richten“, so der Fürther. In Deutschland fände eine „gewaltige Umvolkung“ statt, in 15 bis 20 Jahren seien die Deutschen eine Minderheit im eigenen Land. In manchen Klassen und Kindergärten finde man kein deutsches Kind mehr, schwadronierte Tegetmeyer. In den rassistischen Kategorien der Nazis ging es weiter. Das Deutschtum lasse sich angeblich 5.000 Jahre zurückverfolgen. Unter dem Postulat der Gleichheit wollte er grundgesetzlich geschützte Freiheiten attackieren. Ein Entgegenkommen mit Badezeiten für muslimische Frauen war für ihn ebenso ein Unding wie Gebetsräume für Muslime an einem Nürnberger Gymnasium oder ein „Mohammedaner“ im Rundfunkrat. Die Freiheiten bezeichnete er als „Extrawürste für muslimische Herrenmenschen“. Die „Lügenpresse“ würde zudem verschweigen, dass es in Nürnberg eine größere Zahl von Tritten gegen den Kopf von am Boden liegenden Menschen gebe. Auch hier war sich Tegetmeyer angeblich sicher, dass ein Großteil der Täter „nicht Michael, nicht Peter, nicht Hans und auch nicht Christian“ heißen würden. Rassismus via Andeutung in Höchstform.

Wendepunkt des Spaziergangs – mehr waren das nicht

Bekannte Klischees nun gegen Moslems gerichtet

Nach dem kurzen Spaziergang zur Färbergasse und wieder zurück, ergriff ein als „Alexander aus Moskau“ vorgestellter junger Mann die Gelegenheit des offenen Mikros. Der Islam sei auch in Russland „eine große Plage“ sowie für die ganze Welt. Fast 40 Prozent der Bevölkerung seien muslimisch, wollte er wissen. Laut Deutschlandfunk und anderen Quellen beträgt die offizielle Zahl nur ein Viertel der aufgebauschten Größenangabe. „Muslime“ sei vielfach ein Synonym für „Fremder“ geworden, so der Artikel. Der Islam ist dabei auf russischem Gebiet älter als das orthodoxe Christentum. „Alexander“ vermutete islamische Geldgeber wie Saudi-Arabien hinter der Antifa. Afrika sei deshalb ein armer Kontinent, weil die Bevölkerung dort von Muslimen schikaniert worden wäre, so der junge Pegida-Anhänger. Es gebe deshalb auch kein reiches muslimisches Land, meinte der Redner, zumindest nicht reich geworden durch „eigene Arbeit“. Das führte ihn zu der Aussage, Muslime seien außerstande, etwas zu produzieren, Muslime könnten nur „parasitieren“. Tegetmeyer sah es offenbar ähnlich, ihm missfiel aber die Ausdrucksweise. Das Gesagte „passe nicht zur unserer Wortwahl, wir drücken das anders aus“, sagte er wörtlich. Tegetmeyer und anschließend Stürzenberger lobten den Redner letztendlich doch für die „außereuropäische Perspektive“.

Die Bagida-Anhänger haben nach Stürzenbergers Pfeife zu tanzen

Gegen 20.45 Uhr beendete Tegetmeyer die Versammlung. Die nächste Versammlung wurde bereits für den kommenden Donnerstag angemeldet, der wohl als der Wochentag für Demonstrationen in Mittelfranken etabliert werden soll. Am Montag gibt es die Demonstration des nun nicht mehr offiziellen Ablegers Nügida um Rainer Biller und Dan Eising. Auch Stürzenberger kann bei dieser Aufteilung jeweils in der Landeshauptstadt und in Nürnberg reden. Der PI-Autor, der sich dort verharmlosend als „einfachen Bürger“ bezeichnet hat, der ab und an bei den Demonstrationen was sage, lässt momentan den Münchner Ableger nach seiner Pfeife tanzen und erwartet, dass die Anhänger springen.

Weil er, wie Stürzenberger gestern bestätiget hat, am kommenden Montag in Frankfurt reden werde, wurde kurzfristig die nächste Kundgebung in München auf Samstag vorverlegt. Informiert wurden seine Anhänger darüber nicht einmal 48 Stunden vorher, was auf der Badida-Seite für Unmut sorgte. Berufsdemonstrant Stürzenberger plant zunehmend an der Lebensrealität auch seiner Basis vorbei.