Stammheim / UnterfrankenMit Vielfalt gegen die Einfalt der Rechten

Motto "Stammheim ist bunt"

Bereits zum zweiten Mal rief das lokale Bündnis «Stammheim ist bunt» zu einer Kundgebung gegen eine Veranstaltung der neonazistischen Partei Die Rechte auf. Nachdem bereits am Pfingstsonntag hunderte Menschen zu einer Andacht gegen rechts gekommen waren, waren es am vergangenen Samstag wieder 300 Menschen aus dem Ort und der Umgebung, die sich gegen das Zentrum der Rechtsextremisten mitten im Ort wehrten.

von Isabella Walter

Am Pfingstsonntag hatte die Partei um Neonazi Christian Worch ihre bayerische Landeszentrale in einem ehemaligen Gasthof mitten in dem malerischen Weinort am Main eröffnet. War der Protest damals von Seiten der Organisatoren eher zurückhaltend und «unpolitisch» konzipiert, so war diese Kundgebung in ihrer Ausrichtung gegen rechts nun sehr deutlich und kämpferisch. Bürgermeister Horst Herbet (CSU) kündigte an, dass die Bevölkerung so lange Widerstand leisten würde, bis die Neonazis aus dem Ort verschwunden wären.

Landrat Florian Töpper (SPD) bekundete seine Unterstützung und verlas eine Solidaritätsbotschaft des Kreistages. Bürgermeister Claus Seifert (SPD) aus Scheinfeld erzählte eindringlich von 1000 Neonazis, die seine Gemeinde zu einem rechten Hass-Konzert heimgesucht hätten. Er freute sich, dass die Einwohner von Beginn an Widerstand gegen die Rechten im Ort organisiert hätten. In Wunsiedel dachten die Einwohner lange, dass den Ewiggestrigen durch Nichtbeachtung am besten beizukommen sei. Das sei jedoch ein Trugschluss gewesen und die Stadt im Fichtelgebirge habe durch ständig wiederkehrende Neonazi-Veranstaltungen ein zweifelhaftes Image als Nazihochburg bekommen. Allmählich habe sich aber auch dort Widerstand organisiert. Im letzten Jahr wurde ein unfreiwilliger Spendenlauf der Neonazis für „Exit“ organisiert, der viel Aufsehen erregte und die Rechten bloß stellte.

Claus Seifert, Scheinfeld / Martin Becher, Bayerisches Bündnis für Toleranz / Landrat Florian Töpper

Mit Martin Becher war der Geschäftsführer des bayerischen Bündnisses für Toleranz nach Unterfranken gekommen. Er bemerkte, dass für Stammheim die Nazistätte ganz besonders problematisch sei, da sie sich gut sichtbar mitten im Ort befände und nicht wie anderswo weniger exponiert am Orts- bzw. Stadtrand. Er freue sich aber, dass sich im Ort sofort aktiver Widerstand gegründet habe. Die vielen Akteure aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Zusammenhängen und damit auch mit unterschiedlichen Motiven, sich zu engagieren, seinen wichtig für die Anwohner und sorgten für ein breites Bündnis in der Bevölkerung.

Burkhard Krapf, Koordinator des Aktionsbündnisses, rief alle aus Stammheim wie auch aus der Umgebung auf, am runden Tisch mitzuwirken. Die Einheimischen hätten gezeigt, dass sie sich mit viel Phantasie und Einsatz wehren würden. „Zusammen mit unserer Vielfalt gegen deren Einfalt!“, so Krapf.

Vom Zentralrat der Juden und dessen Präsidenten Josef Schuster erreichte das Bündnis eine Grußbotschaft. Schuster konnte aufgrund des Sabbats nicht persönlich anwesend sein.

Unter der Leitung von Gerd Völk begann dann der zweite Teil der Kundgebung, eine öffentliche Probe der Blasmusikkapelle, die unter dem Motto „Wir blasen den Rechten den Marsch!“ stand. Vor jedem Stück ging Bernhard Seißinger auf jüdische Komponisten, die von den Nazis in Konzentrationslagern getötet worden waren, ein und
zitierte aus deren Werken.

Das wiederum große Polizeiaufgebot war wenig gefordert. Einen Zwischenfall gab es dennoch. So beleidigte ein Neonazi in den Abendstunden einige Besucher der Kundgebung. Gegen ihn wird ermittelt.