Stürzenberger / Die FreiheitPfaffenhofen stellt Islamhasser ins Abseits

Die Freiheit verbrachte ihre Kundgebung hinter Gittern eines Bauzauns

Friedlich und mit mehreren Hundert Gästen feierten die Muslime in der oberbayerischen Kommune die Einweihung ihrer neuen Moschee. Im Vorfeld hatte es Morddrohungen gegen zwei Bürgermeister gegeben, die bundesweit für Aufsehen sorgten.

Unversöhnliche Gegnerschaft, die in Hass umschlagen kann, kennen Bewohner der Kreisstadt zwischen München und Ingolstadt wahrscheinlich am ehesten, wenn es um die Unterstützung der rivalisierenden Münchner Fußballvereine geht, oder im Kleinen. Im Fall der neuen Moschee des türkisch-islamischen Kulturvereins trug der Münchner Islamhasser Michael Stürzenberger diese Spannungen in die Kommune. Parallel zum Tag der offenen Tür plante der Parteivorsitzende der Kleinstpartei Die Freiheit eine Kundgebung. Seine Methoden sind von vielen Kundgebungen aus München bekannt: Muslime mit pauschalisierenden Äußerungen reizen, um deren Reaktionen als Beleg für eine angeblich fehlende Toleranz und eine aggressive Grundhaltung zu dokumentieren.

Stürzenberger, der am liebsten direkt vor die Moschee in der Hohenwarter Straße wollte, bekam einen von einem Bauzaun eingerahmten Schotterplatz etwa 150 Meter entfernt zugewiesen. Freie Sicht auf das Gotteshaus und Fest hatte die Gruppe dort nicht. Eine große Pfütze machte den Ort noch unansehnlicher. Außerdem erließen die Behörden die aus München bekannte Auflage, keine Dauerreden zu halten. Nach 15 Minuten musste eine Pause eingelegt werden. Wegen des nahen Seniorenheims durfte darüber hinaus eine gewisse Lautstärke nicht überschritten werden. Pfaffenhofens dritter Bürgermeister Roland Dörfler, der wegen Urlaubs der Amtskollegen die Geschäfte führte, kündigte eine harte Gangart und eine strikte Kontrolle der Bestimmungen an. Außerdem begegnete er dem sattsam bekannten Islamhasser mit deftigen Worten, Stürzenberger habe keinen IQ, sondern einen „AQ, einen Arschquotienten“.

„Sachkundige, zivilisierte und friedliche PI-Leser“

Bei Dörfler ging in der Folge eine größere Anzahl an beleidigenden Nachrichten bis hin zu Morddrohungen ein. Stürzenberger hatte die Äußerungen des Bürgermeisters via seines Haus- und Hassblogs Politically Incorrect (PI) einem größeren Publikum zugänglich gemacht und die Mail-Adresse angehängt. Ein Kommentator auf PI verglich Dörfler mit NS-Richter Roland Freisler; ein anderer empfahl, die Moschee mit Schweineblut neu zu streichen. Einen weiteren Leser erinnerte der Bau an ein Krematorium, seiner Meinung nach seien die Betenden erst nach einer Verbrennung als Asche produktiv einsetzbar. Pfaffenhofens Erster Bürgermeister Thomas Herker (SPD) stellte sich hinter seinen Kollegen und die muslimischen Mitbürger.

Stürzenberger griff die Drohungen in weiteren Artikeln auf PI auf und forderte von seinen Anhängern, weiteres „islamaufklärerisches Material“ zu schicken, nun auch an Herker. Beim Bürgermeister gingen sodann ebenfalls wüste Beschimpfungen und Morddrohungen ein. Erst im Laufe des steigenden Medieninteresses distanzierte sich der Münchner Hassprediger deutlicher von den Drohworten gegen die Kommunalpolitiker, vorher hatte er nur in Randbemerkungen die angeblich „sachkundig, zivilisierten und friedlichen“ PI-Leser ermahnt, auf solche zu verzichten.

Mitte: Bürgermeister Thomas Herker (SPD), links MdL Claudia Stamm (Grüne)

Verlorene 25 Anhänger fanden sich ein

Trotz der drei Mobilisierungsartikel auf PI und der bundesweiten Berichterstattung kamen nur maximal 25 Anhänger zur Kundgebung auf den Schotterplatz. Ein Großteil stammte aus Stürzenbergers bekannter Entourage aus München und von den Pegida-„Spaziergängen“. Rolf H., später einer der Kameramänner, warf auf dem Weg zum
Sammelplatz eine Flasche nach Journalisten, eine ältere Dame pöbelte auf Höhe der Moschee eine Muslima an. Zu den Parteiaktivisten Der Freiheit stieß ein als „aramäischer Christ“ vorgestellter „Fikri“ aus Bayreuth, der bereits bei Pegida in Nürnberg geredet hatte. Er setzte seine beiden Kleinkinder drei Stunden lang dem Spektakel aus Hetzreden und Gegendemonstranten aus. Während seine Frau ebenfalls lauthals Richtung Gegenprotest schimpfte, mussten sich die Kinder ohne Spielzeug alleine beschäftigen. Neben Stürzenberger kamen weitere Reden von Nicola Nowak und Ester Seitz. Sie spulten die von früheren Veranstaltungen bekannten Inhalte ab.

Stürzenberger bei einer seiner Reden. Links Redner Fikri aus Bayreuth

Stürzenberger machte erneut deutlich, dass er nicht gewillt ist, zwischen der Weltreligion Islam und den politischen Auswüchsen eines Islamismus zu unterscheiden. Diese ideologische Gleichsetzung und fehlende Akzeptanz der grundgesetzlich geschützten Religionsfreiheit brachte ihm eine Nennung im bayerischen Verfassungsschutzbericht ein. Ebenfalls wurde ein „Kurde“ von Stürzenberger vors Mikro gezerrt, der – so der Eindruck – nicht genau wusste, für wen oder was er gerade sprach. Dem PI-Autor erschien nur wichtig, dass der „Kurde“, dessen Hintergründe unbekannt blieben, von einer angeblichen Zusammenarbeit der türkischen Regierung mit den IS-Terroristen sprach, danach hatte er seine Schuldigkeit getan.

In den verordneten Redepausen fanden sich vereinzelt Muslime vom nahen Fest ein und suchten die Diskussion mit den Parteiaktivisten. Nach den Gesichtsausdrücken zu urteilen, kamen sie aber nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Stürzenberger hält bekanntlich gläubige Muslime generell für potentielle „Kopfabschneider“, wie er schon mehrfach bei Pegida seinen Anhängern deutlich gemacht hatte.

Gegen Ende der Veranstaltung gesellten sich drei „Dorfnazis“, „Deutschland den Deutschen“ rufend, zu den Islamhassern. Eine vorbeifahrende Bürgerin, die ihren Unmut via Hupe zum Ausdruck brachte, beleidigte einer von ihnen als „Judensau“. Sie blieben aber am Rande der Kundgebung. Ob sie aus ideologischen Differenzen oder wegen der Bierflaschen nicht an der Veranstaltung teilnehmen durften oder wollten, blieb unklar. Stürzenberger betont momentan wieder stärker seine Differenzen mit „Nationalen Sozialisten“. Er verklagt gerade eine Zeitung, die ihn im Zuge der Berichterstattung mit „Neonazi“ betitelt hatte.

Tag der offenen Tür und Menschenkette

Die Pfaffenhofener Bürger protestierten mit einer Menschenkette nahe der Moschee gegen die Islamhasser. Mehrere Hundert Menschen beteiligten sich daran. Es herrschte ein lockeres Kommen und Gehen zwischen der Solidaritätskundgebung und dem Fest auf dem Vorplatz der Moschee. Mehrere Pfaffenhofener trugen aus Verbundenheit mit Bürgermeister Dörfler ein Shirt mit dem Hashtag „AQ“. Bekir Alboga, Generalsekretär des deutschen Ditib-Dachverbands in Köln, verurteilte laut Pfaffenhofen today in seiner Ansprache jeglichen Missbrauch von Religion zur Rechtfertigung von Gewalt. Direkteren Protest gegen Stürzenberger suchten etwa 80 hauptsächlich jüngere Menschen, die sich direkt gegenüber des Kundgebungsortes versammelt hatten und sich mit Pfeifen und Sprechchören gegen dessen Inhalte wandten. Zu nennenswerten Vorfällen kam es nicht.

Links Maria Frank in Pfaffenhofen, rechts Gegendemonstrantin gegen Pegida Nürnberg: Unterschiedlicher Umgang der Polizei mit «kritischen Teilnehmern» an einer opponierenden Versammlung. Beide Male angeblich geltende Rechtslage

Für Aufregung
sorgte lediglich Pegida-Rednerin Maria Frank. Im Gegensatz zu der sonst von der Polizei praktizierten Trennung von Veranstaltungsteilnehmern und Gegendemonstranten die sie auch mit Gewalt durchsetzt, durfte sich die Islamhasserin samt Protestschild in die Menschenkette einreihen. Die Polizei duldete dies lange. Viel Spaß hatte die ältere Aktivistin aber nicht. Die Anhänger einer bunten und vielfältigen Republik rahmten sie beständig ein, so dass ihre Botschaft nicht weiter auffiel. Bürgermeister Thomas Herker bedankte sich am Abend bei allen Mitbürgern für das eindrucksvolle Zeichen und die Solidarität.