„Bandidos“-Prozess: – Geldstrafe für NPD-Roßmüller wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung

In Regensburg ging mit der heutigen Urteilsverkündung der seit August andauernde Prozess um eine Auseinandersetzung zwischen den beiden Motorrad-Clubs „Bandidos MC“ und „MC Gremium“ zu Ende. Im Fokus stand der Prozess wegen der Beteiligung des NPD-Funktionärs Sascha Roßmüller an der Auseinandersetzung.
Dem Verfahren lag ein Vorfall, der sich Weihnachten 2010 in Straubing zugetragen hatte, zugrunde. Mehrere Beteiligte gingen in der Nacht auf dem kleinen Platz zwischen den beiden Lokalen „Blackout“ und „Hannes Chaos“ aufeinander los. Am Ende gab es zwei schwer verletzte Rocker, einen auf jeder Seite, einen bestätigten Schuss aus einer Pistole und jede Menge schweigende Beteiligte. Die Polizei stieß, wie sie immer wieder betonte, auf einer Mauer des Schweigens und stellte das Verfahren zunächst ein.
Aufgerollt wurde der Vorfall durch die „Lebensbeichte“ des früheren Präsidenten des „MC Bandidos“, der sich im Zeugenschutzprogramm befindet. Er belastete vor allem den bekanntesten der zunächst fünf Angeklagten, den NPD-Funktionär Sascha Roßmüller. Der Vorfall sei eine „geplante Rache“, so der Zeuge, gegen den „MC Gremium Straubing“ gewesen, deren Präsident das „Blackout“ als Wirt betreibe. Im keine fünf Meter entfernten Lokal „Hannes Chaos“ sollen sich die „Bandidos“ versammelt und dann gemeinsam einen Angriff gestartet haben, lautete der Vorwurf. Wegen der geringen Anzahl beteiligter Personen ließ das Gericht im Laufe des Verfahrens der Vorwurf des schweren Landfriedensbruch fallen.
U-Haft verhinderte womöglich Sprung in NPD-Parteispitze
Für „NPD-Bandido“ Roßmüller, zum Zeitpunkt des Vorfalls Kassierer des Regensburger Ablegers, kam die Wiederaufnahme zur Unzeit. Die angeordnete Untersuchungshaft machte Gedankenspiele zunichte, nach dem Rücktritt von Holger Apfel und dem Verzicht Udo Pastörs, beim NPD-Bundesparteitag für ein höheres Amt zu kandidieren. Der später gewählte Parteivorsitzende Frank Franz hatte ihn nämlich als potentiellen Vize ins Gespräch gebracht. Unter dem langjährigen Vorsitzenden Udo Voigt begleitete der 43-Jährige schon einmal diesen Posten – bis es zum Zerwürfnis kam. Aus der bis März dieses Jahres dauernden U-Haft heraus war eine Kandidatur unmöglich. Den Vorfall nutzte der stark in der Kritik stehende damalige NPD-Landesvorsitzende Karl Richter als willkommenen Anlass, die Brocken im dahinsiechenden Landesverband Bayern hinzuwerfen. Immerhin wurde Roßmüller beim Parteitag Beisitzer im Landesverband und blieb für die Abteilung Landespolitik zuständig.

Am heutigen Morgen nutzte der Straubinger die Gelegenheit des letzten Wortes. Er griff dabei den früheren Präsidenten und wohl einzigen wirklichen Belastungszeugen scharf an. Dieser sei nur ein „Zeuge vom Hörensagen“. Weiter bezeichnete Roßmüller den Ausgang des Verfahrens als „Lackmustest“ für den Grundsatz, ob alle Angeklagten vor Gericht gleich seien. Für ihn fordere die Staatsanwaltschaft eine mehrjährige Haftstrafe, während der „Berufskriminelle“ Ex-Präsident mit enormen Nachlässen für Drogendelikte „im Kilobereich“ rechnen könne.
Teil einer „kriminellen Halbwelt“
In der Tat beschrieben diverse Zeugen im Verfahren teilweise recht eindrucksvoll, in welcher kriminellen Halbwelt die einschlägigen Rockerclubs teilweise agieren und in der sich der nicht vorbestrafte Roßmüller über längere Zeit bewegte. Die eigenen „Kameraden“ beäugten diese Aktivitäten skeptisch, denn so war das angekratzte „Saubermann“-Image nicht aufrechtzuerhalten. Der ehemalige Präsident war
etwa an einem Diebstahl von Baumaschinen in Norddeutschland beteiligt. Ein anderes Mitglied der „Bandidos“ wurde in der Nacht der Auseinandersetzung mehrfach kontaktiert, kam dem Aufruf aber nicht nach, weil er nach eigenen Angaben an dem Abend Kokain konsumiert hatte. Aus den zunächst fünf Angeklagten wurden vier, weil einer der Beschuldigten in einem anderen Prozess wegen Drogendelikten und des Besitzes von Kriegswaffen zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden war.
Mehrfach ging es auch um die Auszeichnung „Expect no mercy“, die verliehen werde, „wenn Blut gegeben oder genommen wird“, d. h. der Angehörige verletzt wurde oder jemand anderen verletzt hat. Eine Verabredung zum Überfall, wie ihn die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vorhielt, schien auch nicht völlig aus der Luft gegriffen zu sein. Ein Zeuge gab an, er hätte, wenn so etwas geplant gewesen wäre, davon erfahren und hätte wahrscheinlich auch mitgemacht.
Die „Mauer des Schweigens“ wurde auch im Regensburger Prozess weitgehend eingehalten. Einer der Verletzten, der Wirt des „Blackout“, verweigerte vollständig die Aussage vor Gericht. Wegen der vagen Umstände forderte die Verteidiger der verbliebenen vier Angeklagten Freispruch für ihre Mandanten. Sie sahen sich allenfalls als mögliche Opfer eines Angriffs des anderen Rockerclubs.
Geld- und Haftstrafen
Das Gericht sprach Roßmüller schließlich der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung schuldig. Die Kammer sah ein „physische Unterstützung“ des Haupttäters Stefan H. durch den NPD-Mann als gegeben an. Dieser habe, so der Vorsitzende Richter, den Wirt der Gegenseite mit einem Messer „erheblich im Gesicht verletzt“, weshalb er unter Einbeziehung weiterer Urteile eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten Gefängnis als angemessen erachtete. In der Urteilsbegründung war die Rede von „einer Lebenseinstellung der Rocker-Clubs“. Roßmüller selbst erhielt eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 20 Euro. Dem Vorwurf des Landfriedensbruchs und der Bildung einer bewaffneten Gruppe wollte das Gericht indes nicht folgen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.