Neue Erkenntnisse nach der Razzia – Die Rechte agiert in Franken wie eine kriminelle Vereinigung

Eine Antwort von Justizminister Bausback auf eine Anfrage der Landtagsgrünen bestätigt offiziell, was Beobachter der Szene schon lange vermuteten: Die Rechte agiert in Franken weniger wie eine Partei, sondern vielmehr wie eine kriminelle Vereinigung. Die strafrechtliche Wertung der im Oktober bekannt gewordenen Anschlagspläne in Bamberg steht noch aus. Fünf Beschuldigte sitzen im Landesvorstand der Partei.
Mit der Razzia im vergangenen Oktober geriet die Bamberger Neonazi-Szene in den bundesweiten Fokus. Die Ermittler durchsuchten damals mehrere Objekte in Bamberg, in zahlreichen kleineren Gemeinden im Landkreis, in Nürnberg und in Heroldsberg im Landkreis Erlangen/Höchstadt. Die Polizei beschlagnahmte Propagandamaterial, illegale Pyrotechnik und einige Waffen, darunter eine scharfe Schusswaffe. Bestätigt wird durch die Anfrage, dass das Café Balthasar und zwei Asylbewerberunterkünfte als Angriffsziele ins Auge gefasst worden waren. Der studentische Veranstaltungsraum sollte nach bisherigen Erkenntnissen im Anschluss an eine für den 31. Oktober angemeldeten Demonstration „plattgemacht“ werden. Das würde die Beobachtungen bestätigen, dass Neonazis auf Versammlungen eher zurückhaltend agieren und später „prügeln“.
Geführt werden die Ermittlungen weiterhin gegen 13 Beschuldigte, gegen acht wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Trotz der Absicht, „Angst und Schrecken“ unter Asylbewerbern zu verbreiten, wird ein Teil der Gruppe nicht als terroristisch eingestuft. Ein Haftbefehl ist nach Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg weiterhin in Kraft.
Drei von neun Beschuldigten, gegen die wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt wird, wird weiterhin vorgeworfen, ein Transparent mit der Aufschrift „Stammheim ist bunt“ entwendet und verbrannt zu haben. In dem Ort in Unterfranken wollte die Partei Die Rechte ihre Landeszentrale etablieren, wogegen sich Widerstand gebildet hatte. Der Landesverband der neonazistischen Kleinstpartei hatte auf seiner inzwischen gelöschten Facebook-Seite ein Bild des brennenden Banners veröffentlicht. Es sei ihnen angeblich von unbekannten Aktivisten zugespielt worden.
Ein besonders markantes Detail der Antwort des Justizministeriums: Fünf der Beschuldigten wurden bei der Gründung des Landesverbandes der Partei Die Rechte in verschiedenen Funktionen in den Vorstand gewählt. Die Bamberger Vorsitzende Nadine Hofmann bekleidet seit der Veranstaltung im Mai letzten Jahres auch das Amt der stellvertretenden Landesvorsitzenden, drei Beschuldigte wurden Beisitzer, eine Person sitzt dem Schiedsgericht vor.
Immer wieder in Vorfälle verwickelt
Ungeahndet bleibt dagegen der Angriff auf eine Demonstration anlässlich des Internationalen Frauentages am 7. März letzten Jahres in Nürnberg. Auf Höhe des Hauptbahnhofes wurden die Teilnehmer von einer Gruppe Neonazis attackiert, die Polizei konnte die Angreifer nach eigenen Worten abdrängen. Da die Angreifer vermummt waren, konnte der Tatnachweis nicht mit der notwendigen Sicherheit geführt werden. Mitglieder der Splitterpartei hatten am Vormittag nahe der JVA unter Leitung von Philipp Hasselbach eine Kundgebung für den damals noch inhaftierten Holocaustleugner Gerhard Ittner abgehalten. Die eingeleiteten Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurden schon im August eingestellt. Vier der 13 Beschuldigten sahen sich hier zeitweise den Ermittlungen ausgesetzt. Aus dem Umfeld der Partei hieß es damals, sie hätten sich die vorbeiziehende Demonstration lediglich genauer anschauen wollen.

Hinzu kommt bei einigen Beschuldigten der in erster Instanz abgeurteilte Angriff auf das Balthasar. Immer wieder suchten Teile der Szene offenbar gezielt die körperliche Auseinandersetzung mit politischen Gegnern und Personen, die sie dafür hielten.
Auch Polizisten waren schon Ziel von Attacken. Ein Beamter soll während des blockierten ersten Nügida-„Spaziergangs“ einen Kollegen aus dem Gleichgewicht gebracht haben, als Teile der von Michael Stürzenberger aufgepeitschten Teilnehmer die Polizeikette durchbrechen wollten. Die Folge des Sturzes waren Verletzungen im Becken- und Lendenwirbelbereich. Die Staatsanwaltschaft hat hier einen Strafbefehl über 80 Tagessätze zu je 40 Euro beantragt. Zweifach verging sich ein anderer an der Staatsmacht. Abgeurteilt mit einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung sind hier Attacken im Rahmen des NPD-Bayerntages 2014 in Scheinfeld und am Rande eines Fußballspiels in Nürnberg. Ein anderer soll seine Mitschüler regelrecht terrorisiert haben. Gesammelt hat er nicht nur eine Verurteilung wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Körperverletzung, sondern auch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern.
Gute Vernetzung in alle Richtungen von NPD bis Pegida
Die Bamberger Neonazi-Szene fiel besonders durch ihren Aktionismus und ihrer Unterstützung aller extrem rechten Organisationen auf. Sonst dominieren in Bayern persönliche Befindlichkeiten die Frage, wer mit wem zusammenarbeitet. Ein Teil schloss sich im Kreisverband der Partei Die Rechte zusammen, unterstützte aber weiterhin die NPD und beteiligte sich als „Nationaler Widerstand Bamberg“ in größerer Anzahl an der letzten Mai-Demonstration der Partei Der Dritte Weg in Saalfeld.
Aktivisten fuhren zu Aktionen der Europäischen Aktion nach Jena, unterstützten eine Demonstration in Rosenheim und versuchten sich mit Hogesa zu vernetzen. Auch an Pegida-Veranstaltungen wurde von Zeit zu Zeit teilgenommen. In Würzburg wurden Bamberger Neonazis mit Handschlag begrüßt, Wügida verteidigte im Netz dieses Vorgehen.

Bei einer der letzten Versammlungen in Würzburg trat Dan Eising als Redner auf. Teile der oberfränkischen Szene fuhren zu Pegida Nürnberg. Franken schließen sich auch gelegentlich den „Spaziergängen“ in München an. Einer der Beschuldigten „sammelte“ hier zusätzlich ein Ermittlungsverfahren wegen des öffentlichen Zeigens einer verbotenen Odal-Rune. Nachhaltige Ablehnung schlug ihnen bei Pegida bisher nicht entgegen.
Fließende Übergänge zwischen „besorgten Bürgern“ und Rechtsterroristen
Die Landtagsabgeordnete Katharina Schulze (Bündnis90/Die Grünen) sieht in der Antwort die offizielle Bestätigung, was ohnehin offensichtlich war. Die Übergänge zwischen Pegida, Kameradschaften und Rechtsterroristen seien fließend, so die Sprecherin ihrer Fraktion für Strategien gegen Rechtsextremismus. Wer als „besorgter Bürger“ bei Pegida mitlaufe, dem müsse längst klar sein, dass er Hand in Hand mit Straftätern marschiert. Schulze brachte erneut ein Verbot der Parteien „Der Dritte Weg“ und „Die Rechte“ ins Spiel.
Sollten sich die Ermittlungen vor Gericht bestätigen, dürfte besonders der Landesvorstand der Rechten unter dem knasterfahrenen Philipp Hasselbach als „Vereinigung von Kriminellen“ angesehen werden. Außerhalb der Parteistrukturen sammelt der ehemalige Funktionär des Rosenheimer Kreisverbandes, Peter Meidl, weiter Ermittlungsverfahren und Strafbefehle für Äußerungen in den
sozialen Netzwerken. Im März folgt nun nach Informationen aus Gerichtskreisen eine Verhandlung. Auch nicht seine erste, wie er selbst auf Facebook verriet.