AfD NiederbayernDeggendorf: Kundgebung gegen Höcke-Besuch rief zu erneuter Wachsamkeit gegen Rassismus auf

Die AfD ist keine Alternative - Blick auf einen Teil der Gegenkundgebung

Anlässlich einer Veranstaltung der niederbayerischen AfD mit dem Thüringer Rechtsaußen-Politiker Björn Höcke gingen in der Stadt an der Donau am Samstag auch etwa 250 Gegendemonstranten auf die Straße. Die AfD verschärfte angesichts eines Farbanschlags auf ein Anwesen erneut den Ton gegenüber Flüchtlingen und dem politischen Gegner.

Es sei geradezu ein Treppenwitz der Geschichte, so der Vorsitzende der bayerischen Sozialdemokraten, Florian Pronold, dass die AfD sich bei ihrem Motto bei Willy Brandt bediene. Wer die Medien als „Lügenpresse“ schelte, wer Vorurteile gegen Menschen schüre, weil die eine andere Herkunft, eine andere sexuelle Orientierung oder Religion habe, der wage unter keinen Umständen „mehr Demokratie“. Der Staatssekretär im Bundesbauministerium erinnerte in seiner kurzen Ansprache daran, dass die Bedrohung nicht neu sei und es weiter gelte wachsam zu sein – ob vor etlichen Jahren ebenfalls gegen das Erstarken der Republikaner oder heute angesichts der jüngsten Entwicklungen. Er rief einen Vorfall aus seiner politischen Anfangszeit ins Gedächtnis, als ein junges SPD-Mitglied aufgrund der Hautfarbe von Neonazis mit einem Messer bedroht wurde.

Pfarrer Gottfried Rösch

Pfarrer Gottfried Rösch mahnte, dass Demokratie und Teilhabe immer wieder neu erkämpft und Ausgrenzung überwunden werden müsse und könne. Früher seien die Evangelischen „die Fremden“ gewesen, heute sind es die, die neben der deutschen Sprache vielleicht noch Russisch, Türkisch oder Polnisch sprechen. Er rief dazu auf, auch diejenigen wieder für die freie und offene Gesellschaft zu gewinnen, die sich parallel bei der AfD das eine oder andere ausgrenzende Wort angehört haben.

Ergebnislose Vorkontrollen

Zu der Veranstaltung „Die AfD ist keine Alternative“ hatte auf Initiative der örtlichen Linkspartei ein Bündnis aus Parteien, Kirchen, zivilgesellschaftlichen Gruppen aufgerufen. Es kamen Vertreter der Partei Die Linke, Die Grünen, vom DGB und den Falken zu Wort. Die Teilnehmer trotzten auch einem zwischenzeitlichen Starkregen. Massive Vorkontrollen verzögerten den Start. Nach Auskunft der Polizei wurden dabei keine verbotenen Gegenstände festgestellt. Teilnehmer der Veranstaltung der AfD wurden dem Eindruck nach nicht kontrolliert, dabei wurden ihren Anhängern beispielsweise bei der Kundgebung in Geretsried etliche Messer und Pfeffersprays abgenommen.

Für sich fordern, was anderen nicht zugestanden wird

Die AfD versammelte sich keine fünf Minuten vom Ort der Gegenkundgebung am Oberen Stadtplatz. In den Mittelpunkt rückte schnell die Farbattacke auf das Haus und Auto der Kreisvorsitzenden, Katrin Ebner-Steiner. Mehrere Redner verurteilten den Anschlag und forderten für sich Solidarität ein. Landeschef Petr Bystron schob die ungeklärte Attacke verallgemeinernd einer „Antifa“ in die Schuhe. Ähnlich deutliche Worte findet aber der Kreis nicht, wenn Flüchtlingsunterkünfte angegriffen und teilweise bis auf die Grundmauern niederbrennen. Bei einer Veranstaltung in Nürnberg, und auch schon Parteivize Gauland, geben in solchen Fällen meist der Bundeskanzlerin die Schuld, oder denjenigen, die die aktuelle Flüchtlingspolitik unterstützen.

Bei der AfD beliebt – Untergangs- und Bedrohungsszenarien

Unpassende Flutmetaphern durch Höcke

Bystron, der aus
Wien von dem Treffen mit der FPÖ und Le Pen kam, verstärkte in seiner kurzen Ansprache weiter die Kriegsrhetorik. Er verglich sich und die AfD mit den Spartanern und stelle sich in die Tradition der Türkenabwehr vor Wien. Während seiner Rede griff er unvermittelt einen Journalisten verbal an. Der Thüringer Vorsitzende Höcke stand dem in nichts nach und rückte die Versorgung von Flüchtlingen in dem von Überschwemmungen jüngst arg gebeutelten Niederbayern in die Nähe von Naturkatastrophen. Das Münchner aida-archiv zitiert ihn mit Aussagen über eine „Flutung Deutschlands“ und dem Wort „Asyltsunami“.

Schon am Freitag in Landsberg am Lech hatte die Galionsfigur des völkischen Flügels der AfD in ein ähnliches Horn gestoßen. Höcke sprach laut Landsberger Tagblatt mit Blick auf Zuwanderung aus dem arabischen und afrikanischen Raum von einem „drohenden Kultur- und Zivilisationsbruch historischen Ausmaßes“. Die Beschreibung „Zivilisationsbruch“ wird im deutschen Sprachgebrauch eigentlich fast ausschließlich für die Verbrechen des Nationalsozialismus gebraucht. Ansichten und Wertungen, die eigentlich nur von Personen kommen können, für die eine „ethnisch homogene Volksgemeinschaft“ das Allerheiligste darstellt.

Gesinnung auf der Haut getragen

Die AfD-Veranstaltung zog nach Schätzungen der Polizei etwa 400 Zuhörer an, zum Teil wurden dort auch Gäste in den Freischankflächen der zahlreichen Wirtschaften mit einbezogen. Die Rechtsaußen-Partei hatte laut Anmeldung mit 1.000 Besuchern gerechnet. Unter ihnen befanden sich auch einige von rechtsextremen Veranstaltungen bekannten Gesichter oder Personen, die ihre Gesinnung als Tätowierung auf der Haut trugen, wie Teilnehmer mit dem Kunstsymbol von Himmlers SS, der Schwarzen Sonne, einem Kreis mit mehreren Sigrunen. Aus München besuchte eine Gruppe an Demonstranten die Veranstaltung, die von NPD, Identitären und Pegida alles mitmachen, solange es gegen Flüchtlinge agitiert wird. Birgit Weißmann, lange verantwortlich für den Pegida-Ableger in München, suchte das Gespräch mit Höcke. Gegen Ende sollen laut Beobachtern noch Angehörige der Neonazi-Partei Der Dritte Weg kurz die Veranstaltung besucht haben.