Neustart Pegida München„Wenn Leute wie ich an die Macht kommen, ja, ihr werdet Flüchtlinge sein!“

Archivbild: Pegida-Demo vom 19.Juli 2016 - links abgesetzt der heutige MdEP Bernhard Zimniok

Nur mit viel Aufwand brachte die Münchner Polizei gestern den Münchner Ableger der islamfeindlichen Bewegung durch die Innenstadt. Mit lediglich etwa 110 Teilnehmern gelang den lokalen Organisatoren um Heinz Meyer kein Befreiungsschlag. Die Redner unterboten sich gegenseitig in Beleidigungen und Drohungen.

Die Rückkehr des von Heinz Meyer geleiteten Pegida-Ablegers auf die Straße war von Beobachtern mit einiger Spannung erwartet worden. Die letzte Demonstration fand im Mai statt. Die lange Pause war der gerichtlichen Auseinandersetzung geschuldet. Die Stadt München erließ neue Regeln: Nur zwei Mal im Monat sollte es erlaubt sein zu demonstrieren, die restlichen Montage sollten mit stationären Versammlungen verbracht werden. Die Pegida-Organisatoren sagten in der Zeit, obwohl Veranstaltungen generell möglich gewesen wären, alles ab. Das Verwaltungsgericht erlaubte die wöchentlichen Demonstrationen, genehmigte aber erstmalig Beschränkungen zum Schutz ansässiger Gewerbetreibender. Pegida muss nun die Plätze wechseln.

Die Pause führte allerdings nicht dazu, die eigenen Anhänger zur Ruhe kommen zu lassen und neue Kraft zu schöpfen. Mit gerade mal 110 Teilnehmern war es eine der kleinsten Veranstaltungen des wohl wichtigsten westdeutschen Ablegers von Lutz Bachmanns Organisation, die sich bald als Partei organisieren will.

„Ihr werdet Flüchtlinge sein“

Inhaltlicher Hauptakteur war an dem Abend der Leipziger Ex-Bundespolizist Stephane Simon. Er forderte für sich Ruhe von Seiten der Gegendemonstration ein, schließlich sei er homosexuell und Ausländer. Hier zeigte sich, wie wenig er die Kritik der Gegenseite verstanden hatte oder verstehen wollte.

Er griff in seine ersten Rede das „I could be a refugee“-Schild einer Gegendemonstration auf und drohte unter dem Applaus seiner Zuhörer: „Meine linken Freunde, ich mache euch hier ein Versprechen. Wenn Leute wie ich an die Macht kommen, ja, ihr werdet Flüchtlinge sein!“. Dazu bräuchte es kein großes Zutun, so Simon. Die Leute würden sehr schnell Beine bekommen.

Auch der nachfolgende Redner, Alfred Röck, hatte in seiner etwa 25-minütigen Rede eine ähnliche Drohung parat. Er empfahl – ganz der von Neonazis bis AfD gebrauchten Parole „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ – Personen, die durch antinationalistische Parolen auffallen, „den Pass abzunehmen“, was im Kontext seiner Ausführungen wohl nur als Entzug der Staatsbürgerschaft gedeutet werden kann.

Pegida München 18-07-2016-29 Gegenprotest direkt an der Absperrung München ist bunt

Watschn statt Verschärfung des Sexualstrafrechts

Röck und die erste Rednerin des Abends, die häufiger zu Wort kommende Dorothea „Doro“ Hohner, attackierten besonders Justizminister Heiko Maas. Die Augsburgerin kritisierte bezeichnenderweise dessen Kampagnen gegen Hasskommentare. In völliger Verkennung der Sachlage wagte sie die Prognose, Stalking und Volksverhetzung würden nach Reform der Paragrafen schärfer bestraft als Mord. Dennoch sah sie in Pegida eine Bewegung, die für „Recht und Gesetz“ stehe.

Röck passte dagegen die jüngste Reform des Sexualstrafrechts nicht. Hier brauche es keine gesetzliche Regelung für „Grabschen“. Früher hätte, so der als „cand ing“ (Student der Ingenieurswissenschaften) auftretende ältere Redner, eine Watschn für Missetäter auch gereicht. Auch hierfür bekam er Applaus.

Alle drei Reden vor dem Spaziergang kennzeichneten sich durch einen extrem vulgären und beleidigenden Ton. Einzelne Gegendemonstranten wurden gezielt angesprochen und unter der Gürtellinie attackiert. Simon beendet seine
Ausführungen mit dem sogenannten Schwäbischen Gruß.

PokemonGo und viel Arbeit für die Polizei

Auf die Zahl der Gegendemonstranten wirkte sich die mehrwöchige Pause dagegen nicht negativ aus. Mit Hilfe des Spiels PokemonGo sollte der Protest kurzweiliger sein und neue Teilnehmer anlocken. Mit Erfolg. Gegenüber dem BR äußerte ein Teilnehmer, er sei zwar in erster Linie wegen des Spiels vor Ort, die Reden hätte ihn aber so schockiert, dass er auch nächste Woche und ohne das Spiel wieder protestieren wolle.

Pegida München 18-07-2016-41 Eine der beiden Blockaden

Eine Zahl der Gegendemonstranten ist schwer zu bestimmen, weil sowohl am Odeonsplatz, dem Startpunkt von Pegida, als auch an anderen Orten immer wieder größere und kleinere Gruppen protestierten. Sie waren jedoch in der deutlichen Überzahl. An mehreren Stellen der Route, die unter anderem am Platz der Opfer des Nationalsozialismus vorbeiführte, kam es zu versuchten Sitzblockaden. Zwei Mal musste Pegida angehalten werden, bis die Polizei schmale Gassen frei räumen konnte, die die kleine Demonstration passieren konnten.

Auf Twitter berichteten einzelne Beteiligte von einem rabiaten Vorgehen einzelner Beamter. Ein Teil der Gegendemonstranten verbrachte wohl den Abend in einem Polizeikessel am Karolinenplatz. Jedenfalls war die Durchsetzung der Demonstration, bei der die lokale NPD-Vorsitzende Renate Werlberger zeitweise an das Fronttransparent durfte, nur mit einer großen Anzahl an Polizeibeamten möglich.