Die Rechte / NPD / BIA – Nürnberg: 15 Neonazis durften nahe historischer Orte hetzen

Wieder einmal hatte die Partei „Die Rechte“ zu einer Kundgebungstour durch Nürnberg aufgerufen, dieses Mal streiften sie zentrale Orte in Verbindung mit dem NS-Regime.
Die Teilnehmerzahl konnte auch durch den Schulterschluss zwischen NPD, „Rechte“ und der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) nicht erhöht werden.
Die zentralen Botschaften der Reden während der Kundgebungstour der Neonazis, vorgetragen vom Kader Thomas Rohr, waren erneut eindeutig:
Der angebliche «Genozid» am «deutschen Volk», der durch die Bundesregierung im
Auftrag der «Plutokraten» in den USA jetzt vollzogen werde durch den Zuzug von
Millionen «rassefremder» Menschen nach Deutschlanddie Forderung nach umgehender Schließung aller Flüchtlingsunterkünfte,
die Abschiebung aller Flüchtlinge unddie Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit für alle Menschen, die nicht
«deutschen oder artverwandten Blutes» seien.
Nahezu unerträglich war die Tatsache, dass diese Rede u. a. unmittelbar an dem Ort vorgetragen wurde, an dem 1935 die Nürnberger Rassegesetze beschlossen wurden. Der BIA-Stadtrat und VAG-Mitarbeiter Fridrich Luft beklagte in seinen Redebeiträgen außerdem, dass er als gewählter Stadtrat von den Medien ignoriert werde.
Die Teilnehmerzahl auf Seiten der Rechtsextremisten war so gering, dass sie zwischen den einzelnen Kundgebungsorten den Bürgersteig und nicht etwa die Straßen benutzen durften. Sie skandierten dabei die typischen Parolen wie «frei, sozial und national» und «Nationaler Sozialismus jetzt».
Etwa 150 GegendemonstrantInnen machten lautstark und friedlich deutlich, dass die Neonazis in Nürnberg unerwünscht sind. Insgesamt drei Mal konnte die Tour der Rassisten durch Blockaden kurz aufgehalten werden. Die Polizei fand allerdings immer wieder Lücken für das kleine rechte Häufchen.

Polizei geht gegen Pressefotografen vor
Bisher gab es das noch nicht in Nürnberg: Polizisten der USK-Einheiten «Mfr 7112″ und «Mfr 7113″ griffen mehrmals zwei Pressefotografen an, versetzten ihnen Schläge auf den Brustkorb und drängten sie ab.
Der Hinweis auf den Presseausweis wurde abgebügelt mit der Bemerkung, das interessiere sie nicht. Krönung des Ganzen war folgender Vorgang, den die Fotografen berichten:
„Wir beschwerten uns bei der Einsatzleitung, die erlaubte uns dann durch die Absperrung Richtung Kundgebung zu gehen. Als wir dort ankamen, ging gleich wieder ein USKler auf uns los und wollte uns wieder wegschicken. Nach Rücksprache mit der Einsatzleitung geschah dann folgendes: Zwischen uns und den Neonazis standen fünf Beamte des USK. Die wurden dann abgezogen mit dem Hinweis, sollten wir von den rechtsextremen Teilnehmern angegriffen werden, bräuchten wir nicht mit dem Schutz der Polizei zu rechnen. Wörtlich: Wenn sie was auf die Schnauze bekommen, sind sie allein verantwortlich.“.
Aber nicht nur gegen Pressefotografen wurde vorgegangen: Ein englischer Tourist fotografierte am Rosa-Luxemburg-Platz die Versammlung und erhielt daraufhin von einem Polizisten zwei Schläge. Er kündigte an, dass er diesen Vorfall an den Botschafter seines Landes melden werde.

Nürnberg – Stadt der Menschenrechte?
Die Genehmigung der Demonstrationsroute für die bekennenden Neonazis zeugte nicht von einem sensiblen Umgang mit dem historischen Erbe der Stadt. Bereits im Vorfeld hatte das Bündnis Nazistopp darauf hingewiesen:
„Die nun bekannt gewordene Route streift zahlreiche Bauten und Gedenkorte mit Bezug auf den historischen Nationalsozialismus, was für Hardcore-Nazis vermutlich
ein angenehmes Flair erzeugt:Rathenauplatz (Walter Rathenau wurde 1922 durch einen Angehörigen der
antidemokratischen Rechten ermordet),
Cramer-Klett-Park (dort lag ein Wohnsitz des ehemaligen Gauleiters Julius Streicher,
gleichzeitig Herausgeber der antisemitischen Hetzschrift «Der Stürmer»),
die Alte Hauptpost am Hauptbahnhof (wegen des Umbaus bzw. Teilabrisses derzeit ein
Politikum bei Neonazis),
der Frauentorgraben Höhe U-Bahn Opernhaus (ehemaliges Hotel Deutscher Hof,
dort übernachtete einst Hitler),
der Frauentorgraben Ecke Essenweinstraße (ehemals Gebäude Deutsche Arbeitsfront,
weiter hinten in der Essenweinstraße war die 1938 zerstörte Synagoge Adas Israel),
der Frauentorgraben Höhe AOK (Provisorischer Reichstag 1935, dort wurden die
Nürnberger Rassengesetze verabschiedet)
und schließlich gegenüber am Frauentorgraben das Mahnmal für die im
Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma.