Dialog am ReformationstagAltdorfer erteilen Pegida und Islamfeindlichkeit deutliche Absage

Altdorfs Erster Bürgermeister Erich Odörfer spricht auf der Gegendemonstration

Etwa 500 Gegendemonstranten waren in der fränkischen Stadt zusammengekommen, um gegen einen Aufmarsch von Pegida Nürnberg zu demonstrieren. Anlass war eine Dialogveranstaltung der evangelischen Kirche mit dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime. Eine verbale Entgleisung des dritten Bürgermeisters hatte den Ort bundesweit in die Schlagzeilen gebracht.

Hundert, zum Teil hasserfüllte, E-Mails hatte der Dekan der evangelischen Gemeinde, Jörg Breu, laut eigenen Auskünften im Vorfeld erhalten. Die bedenklichste Mitteilung befand sich allerdings auf seinem Anrufbeantworter. Der Anrufer, es handelte sich dabei um den dritten Bürgermeister Johann Peter Pöllot von der CSU, rastete nach Einschätzung der Nürnberger Nachrichten direkt aus. Von einer „Islamschweinerei am Reformationstag“ war die Rede.

Die Laurentius-Gemeinde hatte zu einem „Geistlichen Abend“ geladen. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sollte zum Thema „Was ich mir von Christen wünsche – Christen und Muslime gemeinsam für Barmherzigkeit und Nächstenliebe“ sprechen. Pöllot sah in dem Auftritt eine Entweihung eines geheiligten Ortes, Breu konterte mit dem Hinweis auf Dialogfähigkeit als Kernmerkmal der evangelischen Kirche. Die örtliche SPD sah in den Äußerungen des Bürgermeisters einen Verstoß gegen die Religionsfreiheit und demokratische Grundwerte und forderte ihn zum Rücktritt und zur Rückgabe des Stadtratsmandats auf. „Jemand, der sich derart herabwürdigend über den Islam äußert, habe nicht verstanden, dass Vielfalt, auch die religiöse Vielfalt, untrennbar mit demokratischen Prinzipien verbunden sei“, so die SPD-Vorsitzende.

Kurz vor der Veranstaltung übersandte Pöllot laut Bayerischem Rundfunk eine Entschuldigung sowohl an Breu als auch an Mazyek. Laut eines Beitrags des ARD-Morgenmagazins soll er sich nur für die Form und Wortwahl entschuldigt haben, nicht für den Inhalt an sich. N-TV berichtet von einem offenen Brief Pöllots an die Mitbürger muslimischen Glaubens. Er sei kein Islamfeind.

Pegida und AfD auf Seiten des Bürgermeisters

Zuspruch vor der Entschuldigung bekam der CSU-Amtsträger von Seiten der AfD und Pegidas. Der Nürnberger Kreisverband der „Alternative“ wollte zwar nicht die Wortwahl, aber das Anliegen in der Sache teilen. In völliger Verkennung von Täter und Opfer, sah sie in der Kritik an Dr. Pölloth [sic!] eine Gängelung und Einschränkung der „Meinungsfreiheit durch Totachlagargumente“ [sic!].

Pegida Nürnberg um Gernot Tegetmeyer rief kurzfristig sogar zur Demonstration auf. Anhänger sollen Flöten mitbringen. Eine Störung der Veranstaltung in der Kirche stand im Raum. Nur etwa 25 Anhänger folgten dem Aufruf, darunter auch die Neumarkter Rechtsextremistin Ester Seitz. Reden kamen unter anderem von Tegetmeyer und Michael Stürzenberger. Angesichts der geringen Zahl blieben dem PI-Autoren nur die oft geübten Durchhalteparolen. Auch Martin Luther wähnte er auf Seiten der Islamhasser.

Michael Stürzenberger

Deutlich mehr standen auf der Seite der Gegendemonstration. Auf etwa 500 schätzte die Polizei die Anzahl der Teilnehmer. Ein Posaunenchor und andere Musikgruppen übertönten Pegida. Die Kirche selbst war zum Vortrag Mazyeks bis auf den letzten Platz gefüllt. Auch Stürzenberger nahm daran teil. Zu berichteten Störungen kam es nicht. Dekan Breu zeigte sich am Ende des Tages gegenüber dem ARD-Morgenmagazin erleichtert über den guten Verlauf der Veranstaltung.

Neonazi Eising parallel in München

Ein „Gutes“ hatte der Ausflug nach Altdorf dann vielleicht doch für Tegetmeyer. Er musste sich an dem Abend nicht von den Neonazis aus dem Umfeld der Partei Die Rechte distanzieren, denn die machten den „Spaziergang“ im Gegensatz zu den Veranstaltungen in Nürnberg und Fürth nicht mit.

Neonazi Dan Eising befand sich an dem Abend in München beim dortigen Pegida-Ableger. Wieder war er dort als Redner im Einsatz. Laut Fachjournalist Robert Andreasch durfte der mittelfränkische Neonazi ungehindert von der Polizei über die Absperrungen klettern und ihn und andere Journalisten attackieren. Vorher hatte er ihm persönlich und Personen in politischer Verantwortung mit einer Abrechnung durch „das Volk“ gedroht.

Moderiert wurde die Pegida München-Veranstaltung wie in den letzten Wochen üblich nicht mehr von Heinz Meyer, sondern von Lukas Bals. Der hatte für Schlagzeilen gesorgt, weil er sich – noch in den Reihen der Partei Die Rechte – an dem „Dortmunder Rathaussturm“ beteiligt und dabei eine Politikerin der Piratenpartei verletzt hatte. Das Urteil, 90 Tagessätze zu 30 Euro, ist mittlerweile rechtskräftig. Laut dem Portal Störungsmelder war es seine zwölfte Verurteilung in acht Jahren.
Bals bezeichnet sich selbst mittlerweile als Aktivist der Identitären.