„Dresden“ zieht in Würzburg nicht

Am Ende waren es doch nur etwa 150 Neonazis, die mit Pyrotechnik und Laienschauspiel den Luftangriff auf Dresden zu instrumentalisieren suchten. Die Splitter-Partei Dritter Weg hatte unter dem Motto «Ein Licht für Dresden» nach Würzburg mobilisiert. Ihnen entgegen standen 2.500 Gegendemonstranten von bürgerlicher Mitte bis Antifa.
Gerade mal 150 Neonazis, der Großteil davon aus dem eigenen Szene-Kern, fanden sich am Samstag in Würzburg ein. Normale Bürger waren ebenso Fehlanzeige wie andere größere rechte Gruppen außerhalb des Dunstkreises der Partei Dritter Weg. Dass sich mit Ralf Mynter der lokale Bezirksvorsitzende der NPD unter die Teilnehmer mischte und sich ein paar Anhänger der Nürnberger Rechten beteiligten, ändert nichts an der Feststellung. Zum Vergleich: Das Thema „Flüchtlinge“ zog 2016 etwa 100 Anhänger nach Fürth, ins deutlich schwerer zu erreichende Wunsiedel kamen nach Parteiangaben zuletzt 280 Anhänger. Der fränkische Holocaust-Leugner Gerd Ittner lockte letzte Woche mit deutlich weniger Aufwand zwischen 150 und 200 Anhänger direkt nach Dresden.
Eigentlich verbinden geschichtsrevisionistische Themen die diversen rechtsextremen Spektren in viel größerem Umfang, wie beim Gedenken an die Opfer der Luftangriffe auf Dresden oder mit Blick auf die Proteste gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ zu beobachten war. Keinen Zugewinn erhielt die Partei zudem durch die zahlreichen „Großverteilungen von Flyern“, die angeblich im Vorfeld stattfanden und zu denen die Anhänger des Dritten Wegs in den letzten Tagen noch ausgerückt sein wollen.

Pyrotechnik und Vermummte
Bei der Mobilisierung half auch nicht, dass die Partei – wohl als besonderes Bonbon für die Teilnehmenden – den Einsatz von Pyrotechnik beantragt hatte und auch genehmigt bekam. So kamen nach der zweiten Zwischenkundgebung Fackeln und „Bengalos» zum Einsatz und sollten wohl eine Anspielung auf jene Leuchtmittel sein, mit denen im Luftkrieg die Abwurfgebiete für die Bomber markiert wurden. Zur Inszenierung des Dritten Wegs gehörte ebenfalls ein Sarg und zwei Teilnehmer, die in schwarz gehüllt und erlaubterweise komplett vermummt den „Tod aus der Luft“ darstellen sollten.
Startpunkt der Demo des Dritten Wegs war das Würzburger Sozialgericht. Die erste Zwischenkundgebung fand in der Heinestraße statt. Dort sprach Simon Lindberg von der „Nordischen Widerstandsbewegung“. Die taz nannte diese Gruppe zuletzt „Schwedens derzeit gewaltsamste Neonazi-Gruppe“. Lindbergs Rede auf Englisch wurde übersetzt. Neben den üblichen Schlagwörtern wie „Lügenpresse“ durfte auch die „Hommage“ an die „große deutsche Vergangenheit“ nicht fehlen.

Bei der zweiten Zwischenkundgebung in der Kapuzinerstraße unweit der Residenz kamen dann Julian Bender, „Gebietsleiter West“, Walter Strohmeier aus Ostbayern und der unterfränkische Kader Matthias Bauerfeind zu Wort. Während Strohmeier sich ähnlich wie in Wunsiedel wieder an der Beschwörung des Geistes der Ahnen versuchte, wiederholten sich besonders Bender und Bauerfeind in zentralen Formulierungen. Ergänzt wurden die immer wieder vorgetragenen Facetten des Dresdener Opfermythos um die neuen „Aufreger“ „Bus-Denkmal“ und die Aussage von Dresdens Oberbürgermeister Hilbert zur keineswegs unschuldigen Stadt, die im Februar 1945 angegriffen wurde.
Große Gegendemo und Protest in Hörweite
Dass der Aufmarsch stattfinden würde, war seit Anfang Januar bekannt. Die verhältnismäßig lange Mobilisierungszeit nutzten vor allem die zivilgesellschaftlichen Gegenkräfte. Zur zentralen Gegendemonstration kamen nach Angaben der Polizei etwa 2.200 Teilnehmer, die Veranstalter sprachen von 2.500 Personen. Der Zug umfasste kirchliche Organisationen, Gewerkschaften und Parteien bis hin zu diversen antifaschistischen Gruppen. Die Route war von Ort und Zeit so gelegt, dass auch ein Protest gegen den Neonazi-Aufmarsch möglich war. Das nutzten mehrere hundert Neonazi-Gegner für einen Protest in Sicht- und Hörweite.
Schon zu Beginn wurden die Teilnehmer des Dritten Weg von lautem Protest empfangen. Ein Versammlungsteilnehmer mit schwarz-weiß-roter Flagge sprang über eine Absperrung und attackierte Gegendemonstranten. Im Netz wurde später Kritik laut, weil in einem Video zu sehen ist, wie der Angreifer letztlich vom Kommunikationsteam in Schach gehalten wurde, die nur eine Warnweste trugen, während umstehende Beamte des Unterstützungskommandos (USK) keinerlei Anstalten gemacht haben sollen, die Situation zu bereinigen.
Auch unterwegs wurden die Neonazis immer wieder mit lautem und friedlichem Protest bedacht, der der rechten Geschichtsklitterung die Wirkung nahm. Am Parteibüro der Grünen empfing ein großes Banner mit der Aufschrift „Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“ den rechten Aufmarsch. Kurz vor Ende des Aufzugs blockierten sechs Personen die Straße, um die Neonazis zu stoppen. Die Demo des Dritten Wegs konnte jedoch seitlich daran vorbeigeführt werden.
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