Letzte Chance – Dritter Weg – Funktionär entgeht Haftstrafe nach Prügeln und verbalen Ausfällen

Elf Monate Haft, verschärfte Auflagen, aber kein Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe. Walter Strohmeier, Kopf der neonazistischen Kleinstpartei III.Weg in Ostbayern und einschlägig vorbestraft, erhielt noch mal die Chance auf Bewährung. Eine Haft hätte die Aktionsfähigkeit der neonazistischen Szene in der Region wahrscheinlich schwer getroffen.
An Pfingsten letzten Jahres ist der einschlägig vorbestrafte Neonazi wieder auffällig geworden. Bei einem Fest in Bad Kötzting soll alles damit angefangen haben, dass Strohmeier eine andere Besucherin anrempelte. Statt sich für den verschütteten Cocktail zu entschuldigen, versuchte Strohmeier sie ins Gesicht zu schlagen, streifte sie aber nur. Vier Sicherheitsleute mussten den Neonazi bändigen, was dieser mit einem „Sieg Heil“ und Flüchen beantwortete.
Sechs Polizisten waren nötig, um ihn zum Polizeifahrzeug, in dieses hinein- und dann auch wieder herauszubefördern, so die Aussagen der Beamten vor Gericht. Dabei kassierten sie laut dem Medienportal idowa weitere Tritte und Schläge, wurden von ihm bespuckt und – ganz Neonazi – als „BRD-Knechte“ und anderweitig beschimpft.
Strohmeier brachte eine ganze Reihe an Vorstrafen mit in die Verhandlung vor dem Amtsgericht, darunter sechs einschlägige Strafen für ähnliche Delikte. Für eine gefährliche Körperverletzung mit einem Kameraden war er schon mal in Haft. Jugendarrest, Unterbringung in einer Erziehungsanstalt und ein erster Entzug. All diese erzieherischen Maßnahmen hatte Strohmeier auch schon hinter sich.
Neonazi bat um Gnade
In den letzten Worten ging es Strohmeier dann auch nur darum, die vom Staatsanwalt beantragte Haft ohne Bewährung abzuwenden. Er habe jetzt ein deutlich stabileres Umfeld. Seit 2013 kam kein neuer Eintrag hinzu. Die Tat schob er auf Frust wegen fehlendem Job, zudem kein Führerschein und die letzte Freundin weg, was den Neonazi zu tief ins Glas blicken ließ. Fürwahr menschliche Schwächen, die gerade aber Strohmeiers Partei anderen offenbar nicht zubilligt.
Der Sucheintrag „Kuscheljustiz“ als Polemik gegen als zu milde empfundene Urteile findet sich aktuell 31 Mal auf der Seite des III. Wegs. Zuletzt wurde im Februar der Vorwurf in einem der unzähligen Artikel über angebliche Vergehen und Verbrechen von Migranten gebraucht. Dort wurde aus dem sich gegen seine Festnahme wehrenden Asylbewerber der „brutale Polizistenschläger“. Einen Tag vorher wetterte die neonazistische Partei gegen „besoffene Neger“ in einer Asylunterkunft in Mittelfranken.
Bei einem politischen Gegner wurde ein ähnliches Szenario – Angriffe auf Polizisten unter erheblichem Alkoholeinfluss, sowie üble Worte – zu einem „Gewalt- und Beleidigungsexzess“. Bewährungsstrafen für zwei im Rahmen der Kölner Silvesternacht wegen Beihilfe zu sexueller Nötigung und versuchter Nötigung angeklagten Migranten waren für die Partei sogar ein angeblicher Beleg dafür, „dass die etablierten Strukturen nicht fähig oder Willens“ wären, das deutsche Volk vor den von ihnen hereingeholten Kriminellen zu schützen.“ Mit Forderungen nach härteren Strafen, Zwangskastration und Wiedereinführung der Todesstrafe sind die Vorstellungen der Partei wenig von Vorstellungen auf Bewährung und Besserung von Straftätern ausgerichtet.

Treibende Kraft in der Region
Strohmeier ist einer der zentralen Redner der Neonazi-Partei in Bayern und trat in Wunsiedel und Würzburg ans Mikro. Mit ihm stehen und fallen nach Meinung von Experten die Aktivitäten der Partei in Ostbayern. Schon 2003 soll er sich laut dem Portal Bayern gegen Rechtsextremismus in der rechtsextremistischen Skinheadsszene im Raum Viechtach in Niederbayern bewegt haben und galt als informeller Führer der neonazistischen Kameradschaft Freie Nationalisten Bayerischer Wald.
Laut der Broschüre „Neonazis in Niederbayern“ zeichnete er dort „für Publikationen verantwortlich, betreute den Internetauftritt, trat als Redner auf, organisierte und hielt den Betrieb am Laufen.“ Eine seinerzeitige Haftstrafe hinterließ eine organisatorische Lücke, die andere Kader nicht füllen konnten, so die Publikation des Bayerischen Jugendrings weiter.
Ähnlich verhält es sich jetzt beim „Stützpunkt Ostbayern“: Strohmeier hat sich einen festen Unterstützerkreis geschaffen, der auch bereitwillig an Aktionen und kleinen Kundgebungen in kleinen Städten und Gemeinden teilnimmt. Selbst kleinere Vorkommnisse sind manchmal Anlass für Veranstaltungen. Ob dieser oft junge Aktivistenkreis eine Haft Strohmeiers hätte kompensieren können, ist fraglich.