Nürnberg / München – Pegida in Bayern nur noch ein Ärgernis für Autofahrer und Behörden

Mit Pegida in München und Nürnberg sind im Freistaat noch zwei Ableger aktiv, die mehr oder minder vor sich hindümpeln. Während in der Landeshauptstadt Neonazis offen empfangen werden, führt in Nürnberg der vom Verfassungsschutz beobachtete Michael Stürzenberger weiterhin Regie. Auch eine extra Mobilisierung mit Hilfe des „Mutterschiffs“ aus Dresden zum zweiten Geburtstag half wenig.
Mit einem „Vielen Dank an den Dritten Weg“ beendete Stefan Schachtl letzte Woche die Versammlung von Pegida München am Marienplatz. Dem Pegida-Aktivsten fielen die letzten Worte zu, weil der eigentliche Kopf, Heinz Meyer, weiterhin nicht als Versammlungsleiter auftreten darf, aber de facto den Ablauf bestimmt. Auch Meyer wünschte sich häufigere Auftritte der Neonazi-Partei.
Allerdings lädt die geänderte Strategie des Münchner Ablegers nicht dazu ein. Als die Stadt die Gruppierung auf eine Demonstration alle zwei Wochen beschränken wollte, zogen Meyer & Co. vor das Verwaltungsgericht. Momentan wollen die Münchner Islamfeinde nur noch ein Mal im Monat laufen, die restlichen Veranstaltungen sind stationär. Statt des Rufs des Muezzins vom Band – auch das ein Streitpunkt vor Gericht – gibt es jetzt in Dauerschleife Videos ohne eigene Redeinhalte. Ein unglaublicher Aufwand, jeweils am Montag, Mittwoch und Freitag die Leinwand und Beamer aufzubauen, für nichts mehr als eine Provokation an Behörden und Stadtgesellschaft. Die Teilnehmer bestehen aus einem Dutzend immer wiederkehrender Gesichter, manchmal mehr, manchmal weniger.
Verdächtiger aus der „Bamberger Gruppe“ darf die Demonstration anführen
Die Gelegenheit zur Demonstration am vergangen Montag ließen sich dann die Handvoll Akteure vom III.Weg nicht entgehen. Wie schon häufiger bei solchen Anlässen, versammelten sie sich etwas entfernt von den Absperrungen, um dann mit dem grünen Parteibanner „Wir sind das Volk“ zur Versammlung zu stoßen. Eine kleine Demonstration zur Demonstration. Vermutlich könnte die Polizei diese Provokation unterbinden, legt aber den Fokus darauf, die Neonazis möglichst schnell in den Versammlungsbereich zu bekommen. Die bei den sonstigen Teilnehmern von Pegida durchgeführte Taschenkontrolle entfällt so gerade bei den Demonstranten, bei der sie eigentlich am nötigsten wäre.

Bei Pegida selbst werden die Neonazis weiterhin mit Applaus für ihre Aktion bedacht und empfangen, als ob sie gerade eine Schlacht geschlagen hätten. Dabei wurde ihnen nur von der Polizei der Weg zum Eingang freigeräumt. Im Schlepptau hatte der III.Weg an dem Tag einen Verdächtigen im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die „Bamberger Gruppe“, der für seine Verstrickungen in die vermuteten Anschlagspläne seit der Razzia im Oktober 2015 über eine längere Zeit in Untersuchungshaft saß. Trotzdem – oder vielleicht auch gerade deshalb – durfte er beim „Spaziergang“ durch die Stadt dann auch gleich mit ans Fronttransparent, auf dem schon länger kein Hakenkreuz mehr in den Mülleimer wandelt. Der Münchner Ableger hat hier seine eigene Version des Pegida-Logos. An der Stelle sind nur die Namen einiger demokratischer Partei abgebildet.
Am vergangenen Montag standen dann auch wieder eigene Reden auf dem Plan. Karl Richter, zum Stadtrat gewählt mit gerade einmal 0,7 Prozent der Stimmen, widmete sich dem Sicherheitsbericht der Stadt München, konnte sich aber auch für Rückkehrprämien erwärmen, die an freiwillig ausreisende Flüchtlinge gezahlt werden könnten. Ein weitere Redner, ein Tobi mit Kopftuch, wünschte sich, dass die Münchner auch mal wieder zu den Dresdnern eingeladen werden könnten.
Das attraktivere Programm mit Reden und Demonstration zog am Montag etwa noch 65 Anhänger an, darunter auch AfD- und NPD-Parteimitglieder. Neben dem Pegida- und III.Weg-Banner wurden dann auch zwei Transparente der NPD-Kreisverbände aus München und Ingolstadt offen mitgeführt.
Zwei Jahre Pegida Nürnberg
Der Ableger aus Mittelfranken wird ebenfalls im Verfassungsschutzberichte erwähnt, allerdings nicht wegen der Nähe zu bekannten Neonazi-Organisationen, sondern wegen dem, was im bayerischen Beamtendeutsch „verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit“ genannt wird, ein Angriff auf die Religionsfreiheit, dem Gleichheitsgrundsatz und letztlichendlich der Menschenwürdegarantie aus dem Grundgesetz. Während der Münchner Ableger zumindest zu Beginn zwei Mal eine vierstellige Teilnehmerzahl verbuchen konnte, waren es in Mittelfranken nie mehr als wenige hundert, oftmals war die Anzahl der Anwesenden auch nur zweistellig. Gelaufen wird nur noch in unregelmäßigen Abständen.

Rechte Prominenz
Es sagt viel über Pegida aus, wenn diese dennoch eine der wichtigsten verbliebenen „Aktivposten“ der Gruppierung außerhalb von Sachsen ist. Zum zweijährigen Geburtstag wurde dann auch mit Siegfried Däbritz vom Dresdner Orga-Team und der AfD-Politikerin Petra Federau aus Mecklenburg-Vorpommern „Prominenz“ aufgefahren. Sonst lassen die Organisatoren in Mittelfranken, Gernot Tegetmeyer und Michael Stürzenberger, einst in der aufgelösten Kleinstpartei Die Freiheit verbunden, einige Freiwillige reden, die dann die Ausführungen der beiden umrahmten.

Während der Versammlungen geht Stürzenberger auch noch einer weiteren Nebenbeschäftigung nach. Mit Camcorder und offenbar mit dem Placet der Polizei geht er nahe an die Absperrungen zu den Gegendemonstranten und filmt diese ab. Diese Video verwendet er dann gerne für sein Beiträge beim rechtspopulistischen Blog Politically Incorrect (PI News). Gerne wird dort auch zu Outings aufgerufen, spätestens in den kaum moderierten Kommentaren. Wüste Drohungen sind oft eine Folge. Einen rechtlich Verantwortlichen gibt es nicht.
Meist wird in der Nürnberger Innenstadt „spaziert“, wo einige zentrale Straßen gesperrt werden müssen. Am Ausweichort in Fürth müssen noch mehr Anwohner unter Pegida leiden. Dort wird freitagsabends gerne auch mal der Zugang zu einem Kino erschwert.
Stürzenberger, nach der Auflösung der Partei Die Freiheit, parteipolitisch heimatlos, wurde zuletzt in München häufiger als Gast bei Veranstaltungen der AfD gesehen.