III.WegGeschrumpfte Demo zog durch Gera

Mit 480 Teilnehmer war die Demonstration nur halb so groß wie im Vorjahr

Nur noch halb so groß wie im letzten Jahr, mit etwa 480 Teilnehmern, ging der „Arbeiterkampftag 2017“ der Neonazi-Partei III. Weg vonstatten. Grund war die Abspaltung der Partei Die Rechte und des „Antikapitalistischen Kollektivs“ aus dem diesjährigen Demonstrationsgeschehen. Kader betonten im Nachklang, das Gera eine Veranstaltung ohne „Fremdschämen“ gewesen wäre, eine Spitze gegen die abtrünnigen Gesinnungsgenossen.

Nach den Ausschreitungen 2015 und 2016 ging die Demonstration am 1. Mai dieses Jahr friedlich über die Bühne. Der Grund dürfte allerdings weniger in der Abwesenheit einiger Gruppen autonomer Nationalisten zu suchen gewesen sein, sondern vielmehr auch darin, dass es nicht wie in den letzten beiden Jahren zur Nagelprobe kam: Die eigentliche Aufzugsstrecke war nicht blockiert. In diesen Situationen in Saalfeld und Plauen hatten die Verantwortlichen des III. Wegs ihre Kundgebungen jeweils aufgelöst. Die Folge war, dass der ursprüngliche Versammlungsleiter für die jeweils folgenden Tumulte nicht mehr in Haftung genommen werden kann. Beteiligt waren gerade im letzten Jahr nicht nur das nach Halle abgewanderte „Antikapitalistische Kollektiv“, sondern auch führende Aktivisten des III.Wegs, wie eine Auswertung des Bayerischen Rundfunks ergab. Die Möglichkeit, die Demonstration auf eine stationäre Kundgebung einzuschränken, ergriff die Stadt Gera nicht.

Autonom vs. faschistisch

Die Spannungen zwischen den einzelnen Lagern, wie „richtig“ zu demonstrieren sei, war schon in den vergangenen Jahren spürbar. Ordnungsfanatiker Matthias Fischer zwängt „seine“ Teilnehmer gerne in ein straffes Korsett. Vorne dürfen nur Personen im roten Aktionshemd demonstrieren, auf die Aufstellung in Dreierreihen wird penibel geachtet. Es gibt eine vorgegeben Liste mit erlaubten Parolen. Die eher autonom gesinnten Kameraden hätten dagegen gerne mit Transparenten abgeschlossene Blöcke. Als eine Gruppe um den Thüringer Kader Michel Fischer (jetzt Die Rechte) in Saalfeld etwa ein „Antifa – Hurensöhne“ anstimmte, intervenierte Namensvetter Matthias Fischer und verbat sich diese Hooligangesänge.

Die szenische Darstellung mit den Leichtmatrosen hatte schon was von «Fremdschämen»

Ein gewisser Druck scheint aber auf den Schultern des III. Wegs zu lasten. Immerhin ging die Beteiligung im Vergleich zum Vorjahr etwa um die Hälfte zurück. Kader, wie der Ostbayerische „Stützpunktleiter“ Walter Strohmeier, bemühten sich noch am Abend die gesunkene Zahl schönzureden. Es sei eine Veranstaltung mit „0% Fremdschämen“ gewesen. Er sah darin eine „Entwicklung die endlich Hoffnung aufkeimen“ [sic!] lasse, so der erst kürzlich zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Schläger auf Facebook. Ein Kritiker nahm beruhigt zur Kenntnis, dass Jogginghosenträger offenbar verschärft ermahnt wurden. Vermutlich wird auch bald der Ort der nächsten Mai-Demo veröffentlicht, denn die „Konkurrenz“ lockt die Freie Kameradschaftsszene mit Leipzig als Demonstrationsort für 2018.

„Volksmarine“ mit Gummiboot und viel Pyrotechnik

In dem Bemühen um eine „gute Show“ setzte Kleinstpartei wie zuletzt auf viel Rauch. Mehrfach wurden Rauchtöpfe gezündet, die die Umgebung in roten Qualm hüllten. Wie im letzten Jahr in Plauen startete die Demonstration durch ein Spalier aus zwei Bengalos und trampelte über eine ausgebreitete EU-Fahne. Verkauft wird das von der Partei als ein „Setzen neuer Maßstäbe“.

Kader Kai Zimmermann zog die EU-Fahne später noch lieblos durch den Straßen

Eher peinlich mutete die „szenische Darstellung“ an. Zwei Personen trugen, mit Matrosenhemdchen und Mütze mit der Aufschrift „Volksmarine“, ein Gummiboot durch die Straßen. Was es damit auf sich hatte, erklärte der Gebietsleiter West, Julian Bender, erst bei der zweiten Zwischenkundgebung. Es sollte eine Botschaft sein an Kai Bitzer, Stadtrat der Grünen in Olpe. Der will sich vor Gericht eine Urlaubsreise, bezahlt vom III. Weg, erklagen, da er wie viele andere Anti-Rechts-Aktive einen entsprechende „Ausreisegutschein“ erhalten hatte. Man wolle ihm aber bestenfalls das Gummiboot für die nächste Hochseereise zur Verfügung stellen, so Bender. Zudem sollte das Gefährt sinnbildlich für die erhobenen Abschiebeforderungen stehen.

Erneute Zerschlagung der Gewerkschaften im Sinn

Ohne Parteichef Klaus Armstroff, dafür mit dem aus der NPD ausgetretenen selbsternannten Nationalsozialisten Thomas Wulff, ging es über einige Kilometer durch Gera. Zu Wort kamen erneut ausländische Gruppen, dieses Jahr aus Ungarn und Skandinavien. Für Bender war das Postulat der Aufklärung von der Gleichheit der Menschen lediglich eine „scheinmoralische Phrase“. Für Nico Metze vom Stützpunkt Ostthüringen war die Demonstration ein Aufruf zum Kampf für „unsere Art, für unsere Rasse, für unser Heimatland“.

Im Gegensatz zur Demonstration in Nürnberg vor einer Woche spielte in Gera die Parole zur Zerschlagung der Gewerkschaften eine untergeordnete Rolle, auch wenn diese mehrfach als „Arbeiterverräter“ beschimpft wurden. Der III. Weg würde gerne Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zwangsauflösen und in einem „Dachverband der deutschen Arbeit“ zusammenführen. Das erinnert stark an die von den Nazis nach Stürmung der Gewerkschaftshäuser geschaffenen Deutschen Arbeitsfront. Deren Leiter Robert Ley gehörte zu den in Nürnberg angeklagten Hauptkriegsverbrechern.