III.Weg-Demonstration ist OsthessenFulda: Armlänge Abstand zwischen Neonazis und Demokraten

Viele zeigten an dem Tag ihrer Ablehnung, z.B. mit diesen Schildern

Die Demonstration, die die neonazistische Kleinstpartei der III. Weg vor Gericht erstreiten musste, zog nur etwa 100 Teilnehmer an. Eine deutliche Mehrzahl an Gegnern demonstrierte teilweise mit nur geringem Abstand zur Neonazi-Veranstaltung. Beim III.Weg durfte kein vorbestrafter Neonazi Ordner sein.

Fulda hatte lange keinen Aufmarsch von Neonazis mehr erlebt. In Medienberichten musste zurückgegangen werden bis ins Jahr 1993. Ob es die mangelnde Erfahrung war? Jedenfalls griff die Kommune zu einem Mittel, von dem andere in den letzten Jahren die Finger ließen: das Verbot des Aufzugs. Die allermeisten Städte scheiterten damit vor Gericht, manche erst in Karlsruhe, andere schon in der ersten Instanz. So auch Fulda. Mitte der Woche wurde das Verbot vom Verwaltungsgericht ausgehoben. Die Stadt verzichtete auf weitere Rechtsmittel.

Der Rechtsstreit brachte eine Reihe von Auflagen für den III. Weg, auch welche, die die Neonazi-Partei sonst eher nicht akzeptiert. So waren (Signal-)Fackeln und Bengalos verboten, die Trommeln auf zwei beschränkt. Auch bei den Fahnen gab es Beschränkungen. Gebietsleiter „West“ Julian Bender brauchte einige Zeit, bis er alle Auflagen verlesen hatte. Am interessantesten war sicher das Verbot, Anhänger als Ordner einzusetzen, die wegen Körperverletzung oder einschlägiger rechtsextremistischer Vergehen vorbestraft waren.

Partei voller Straftäter hat was gegen „kriminelle Ausländer“

Die Partei löste die Herausforderung pragmatisch: Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger griff zum Mikro, Kai Zimmermann („Gebietsleiter“ Süd) und Walter Strohmeier („Stützpunkt Ostbayern“), beide wegen Körperverletzung in Haft gewesen, übernahmen Kamera und Camcorder, Matthias Fischer („Gebietsleiter Mitte“) braucht als heimlicher Anführer der Partei keine Binde, um Ordnung zu schaffen und auch der wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestrafte Peter R. ordnete die Reihen ohne die obligatorischen Armbinde.

Statzberger mit den Parolen des Tages – sicherheitshalber aufgeschrieben

Die Polizei ließ sie gewähren. Einige der genannten griffen während des Demonstrationszuges auch zum Mikro und ließen sich ohne Scham über „kriminelle Ausländer“ aus. Zur Forderung, die unterwegs erhoben wurde, gehörte beispielsweise, Asylbewerber bis zur Entscheidung über ihre Anträge – der Partei schwebt dabei ein wenig rechtsstaatliches 48-Stunden-Schnellgericht vor – die Geflüchteten deutlich abseits der einheimischen Bevölkerung zu konzentrieren. Entsprechende Lager brachte Fischer auch mit Blick auf die anwesenden politischen Gegner ins Spiel, sollte seine Partei mal die Zügel der Macht bekommen.

Anstrich: Elitäre Neonazis

Auffällig war auch, dass einige der Redner beim elitären Anstrich blieben, den die Partei seit einigen Wochen verstärkt anschlägt. In Themar und danach hatte sich beispielsweise Fischer entsetzt über den „Zustand der nationalen Bewegung“ geäußert. Gestern ging es mehrfach gegen die Gegendemonstranten. Die zweite Zwischenkundgebung wollte die Partei eigens in die Nähe des kommunalen Jobcenters gelegt haben, weil das ein Ort sei, den die politischen Gegner kennen würden – Fischer meinte damit wohl, viele würden keiner geregelten Arbeit nachgehen.

Auch übermäßigen Alkohol- und Zigarettenkonsum wollte die Gruppierung bei ihren Gegnern ausgemacht haben. Im Ticker war gar von „linkskriminelle[n] Asoziale[n]“ die Rede. Am Ende sah Fischer auf seiner Seite „das bessere Deutschland“. Unter dem Anstrich dürfte es allerdings ganz anders ausschauen. Einer seiner Gesinnungsgenossen beschimpfte unterwegs einen dunkelhäutigen Passanten als „Bimbo“, mindestens einer Gegendemonstrantin wurde unterwegs eine Vergewaltigung gewünscht.

Neonazi-Gegner auf Tuchfühlung

Gegendemonstranten begleiteten in kleineren und größeren Gruppen den Aufzug vom Beginn in der Goethestraße bis zum Ende am Bahnhof. Kurz vor der ersten Zwischenkundgebung musste die Demonstration am Peterstor länger stillstehen. Der direkte Weg zum Buttermarkt war versperrt, was zu sichtlichen Unmut bei dem stellvertretenden „Gebietsleiter Süd“, Matthias Bauerfeind führte. Die Polizei führte die Neonazis über die Ohm- und Karlstraße aus Richtung Südwesten zum Markt. Eingepfercht zwischen Eisdiele, Pizzeria, Sparkasse und Cafe musste dort die ersten Ansprachen gehalten werden. Die Polizei ließ hier – wie auch später an anderen Stellen – größere Gruppen an Gegendemonstranten auf nur wenige Meter heran, nur gesichert durch eine einzelne Polizistenkette.

Abschlusskundgebung am Bahnhof Fulda

Das Entgegenkommen der Einsatzleitung wurde nicht missbraucht. Es kam trotz der zeitweise aufgeheizten Stimmung zu keinerlei Übergriffen. Auf dem Weg zurück zum Bahnhof gab es noch einzelne kleiner Sitzblockaden, die meist mit gutem Zureden aufgelöst werden konnten. Die Polizei sprach am Ende von über tausend Bürgern, die gegen den Aufzug protestierten. Parallel zum Aufmarsch gab es eine Spendenaktion für Geflüchtete. Zwei Beamte zogen sich Schürfwunden zu, es kam zu einer Widerstandhandlung. Zwei Teilnehmer der Neonazi-Aufmarsches wurden wegen des Verdachts der Verwendung verbotener Zeichen vorläufig festgenommen, zahlreiche andere Beteiligte mussten teilweise großflächig Tätowierungen an Armen und Hals abkleben. Vorher am Tag hatte der III.Weg noch in Schweinfurt, Bad Hersfeld und Arsfeld Vorabkundgebungen durchgeführt.

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