Kundgebung in Niederbayern – Straubinger pfeifen auf III. Weg

Mehrere Hundert Menschen demonstrierten am Freitag in der Stadt an der Donau gegen eine Kundgebung der Neonazi-Partei III. Weg. Die ersuchten mit den Themen „Sicherheit“ und „Kriminellen Ausländer raus“ um Zuspruch, ließen aber ausgerechnet einige einschlägig vorbestrafte Kader ans Mikrofon.
Die Versammlung des III. Wegs hatte sich über mehrere Wochen angedeutet. Mehrere Male waren einige Anhänger der Partei als „nationale Streife“ unterwegs. Anlass waren Vorfälle, für die junge Geflüchtete verantwortlich gemacht wurden. Ein Bonus noch für die am Nationalsozialismus orientiere Kleinstpartei: an einem der Orte, der als angeblicher Gefahrenpunkt von der Partei ausgemacht wurde, steht eine monumentale Adlerfigur, die 1941 unter den Nazis bestellt, aber erst deutlich nach Kriegsende aufgestellt wurde. Immer wieder posierten die Aktivisten vor der NS-Kunst.
Für die Kundgebung „Straubing wehrt sich“ wurde einiges an Aufwand betrieben. Es gab eingesprochene Aufrufe, die immer wieder eingespielt wurden. Ebenso vom Band kamen Kommentare, die in den sozialen Netzwerken rund um Straftaten und die Diskussion um die Versammlung gepostet worden sein sollen, natürlich die Sache der Partei stützend. Die Teilnehmer, etwa 35 in Parteikleidung, kamen aus mehreren Bezirken. 15 bis 20 Personen verfolgten die Kundgebung aus dem abgesperrten Bereich heraus. Über den aufgebauten Infostand will die Partei etliche T-Shirts verkauft und Fördermitglieder gewonnen haben.

Vorbestrafte Redner
Die Redner der Partei konterkarierten geradezu das Ansinnen der Versammlung, sich als gesetzestreue Bürger zu generieren, die sich um Kriminalität sorgen. Wortführer war an dem Tag Walter Strohmeier, „Stützpunktleiter Ostbayern“. Er verbrachte wegen einer Gewalttat einige Zeit hinter Gittern und kam erst kürzlich wegen einer weiteren Straftat gerade noch so mit Bewährung davon.
Zu Wort kam auch der aus Mittelfranken angereiste Kai Zimmermann. Der momentane „Gebietsleiter Süd“ der Partei fiel den Behörden schon früh mit gewalttätigem Verhalten auf. Zu der Zeit, als er den inhaftierten Matthias Fischer an der Spitze des inzwischen verbotenen Freien Netz Süd vertrat, wurde er ebenfalls in Haft genommen und stellte das Kameradschaftsnetzwerk vor organisatorische Probleme, wie das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ausführt. Zimmermann berichtete, wie er als „Journalist“ das Vertrauen von Flüchtlingshelfern erschlich, um an Vorfälle zu kommen, die er als symptomatisch für Flüchtlinge generell hinstellte.
Und auch der dritte im Bunde, der verurteilte Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger aus München, durfte sich um die Sicherheit sorgen. In seiner Rede sprach er davon, 2015 sei „die Pest“ nach Deutschland eingeladen worden.

Rechtsextremismus-Experten, wie der SPD Landtagsabgeordnete Florian Ritter vermuten hinter den Streifengängen der Neonazis vor allem deren Wunsch, Situationen heraufzubeschwören, in denen sie scheinbar straflos gegen Flüchtlinge und politische Gegner vorgehen dürften. Zudem gehe von den einheitlich gekleideten Aktivisten immer auch eine einschüchternde Wirkung aus.
Redundante Inhalte
Fast alle Redner der Partei griffen eine Schlagzeile auf, die vergangene Woche die Runde machte: der enorme Anstieg an angezeigten Fällen von Vergewaltigungen und sexueller Nötigung im Freistaat im ersten Halbjahr 2017. Wenig überraschend stürzten sich die Neonazis vor allem auf den Anstieg bei tatverdächtigen Zuwanderern, obwohl für einen Großteil des Anstiegs andere Personenkreise verantwortlich sind. Während im Innenministerium noch Ratlosigkeit herrschte, boten am Freitag Wissenschaftler erste Erklärungen zu den Zahlen an. Ralf Kölbel von der Ludwigs-Maximilian-Universität München vermutet dahinter vor allem zwei Entwicklungen: Durch die Strafrechtsreform seien nun mehr Handlungen als sexuelle Nötigungen strafbar. Die Diskussion um die Reform, geführt unter dem Slogan „Nein heißt Nein“, könnte Opfer dazu ermutigt haben, auch Anzeige zu erstatten. Gerade die Polizeiliche Kriminalstatistik ist anfällig für eine geänderte Anzeigebereitschaft in der Bevölkerung oder veränderte Schwerpunkte bei polizeilichen Ermittlungen.

Noch ein weiterer inhaltlicher Punkt zog sich durch die Veranstaltung: Die Rede von „unseren Frauen“. Gemäß der neonazistischen Ideologie gehört der Körper nicht alleine der Frau für sich, sondern hat auch „dem Volk“ für die Reproduktion zur Verfügung zu stehen. Den eigenen Aktivistinnen traut der III. Weg dagegen wenig zu. Obwohl die Versammlung von einer Aktivistin aus dem Raum Cham angemeldet worden war, war ihr Part mit Verlesen der Auflagen vorbei. Die politischen Inhalte kamen dann von den männlichen Parteigängern. Eine Aktivistin stellte sich als „Opfer“ in einem behelfsmäßigen Sarg in einer „Crime Scene“ zur Verfügung.
Große Gegendemonstration ärgert Neonazis
Gegen die Veranstaltung gab es an zwei Orten Protest. Am Ludwigsplatz erfolgte eine inhaltliche Veranstaltung, an der Oberbürgermeister Markus Pannermayr und mehrere Stadträte teilnahmen. Die Passauer Neue Presse sprach hier von rund 300 Teilnehmern, andere Quellen von etwa 500. Direkt gegenüber der rechten Kundgebung an der Jesuitenkirche protestierten zusätzlich noch mehrere hundert Personen lautstark gegen die neonazistischen Inhalte. Besonders Walter Strohmeier zeigte sich extrem ungehalten darüber, dass er seinen Wunschplatz, den Ludwigsplatz, nicht bekommen hatte und dann am Ausweichort immer noch eine deutliche Mehrheit gegen ihn und seine Partei demonstrierten. Er warf der Polizei vor, den Zugang zur eigenen Kundgebung zu blockieren und drohte mit einer Spontandemonstration.
Obwohl es in der direkten Konfrontation friedlich blieb, verzeichnete die Polizei insgesamt elf Anzeigen im Zusammenhang mit den Versammlungen. Darunter befanden sich zwei Beamtenbeleidigungen und vier Mal die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.