PrichsenstadtSchwach besuchter „Konservatismus“-Kongress der AfD-Jugend

Protagonisten (vlnr): Yannick Noé (Arcadi) - Felix Menzel (Blaue Narzisse) und Sven Kachelmann (JA-Landesvorsitzender)

Nur etwa 50 Gäste erschienen am Samstag bis zum frühen Nachmittag bei einer Veranstaltung der Junge Alternative Bayern im unterfränkischen Prichsenstadt. Neben dem „Parteiphilosophen“ Marc Jongen und Rechtsaußen Andreas Kalbitz traten dort noch Brückenbauer zur Neuen Rechten und Identitären Bewegung auf. Gerechnet wurde mit deutlich mehr Teilnehmern.

Am Samstag lud die bayerische AfD-Jugend ein zu einem „Konservatismus“-Kongress. Der Untertitel zum politisch umkämpften Begriff lautete „Leben aus dem, was immer gilt.“ Das könnte nun ein Bekenntnis zu unveräußerlichen Grund- und Menschenrechten sein, oder aber auch eine Hommage an biologistische und sozialdarwinistische Sichtweisen von der Natur als Lehrmeisterin des menschlichen Zusammenlebens. Bekannt geworden ist der Spruch als Teil eines Zitats, das vor allem durch den nationalistischen Publizisten Ernst Jünger bekannt wurde. Eigentlich zugeschrieben wird es wahlweise dessen Weggefährten Albrecht Erich Günther oder dem französischen Moralisten Antoine Comte de Rivaról (1753 bis 1801).

Noé mit Andreas Kalbitz (AfD Brandenburg)

Füllen sollten den Begriff an dem Tag der „Parteiphilosoph“ Marc Jongen, der mit Kontakten zur verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend in die Schlagzeilen geratene AfD-Landesvorsitzende von Brandenburg, Andreas Kalbitz, der Verantwortliche der neurechten Zeitschrift „Blaue Narzisse“ Felix Menzel und der Chefredakteur des „Arcadi“-Magazins Yannick Noé, der zudem als Sprecher der AfD Leverkusen tätig ist. Unterstützt wird das Magazin offenbar von der von Rechtsextremisten und Rechtsradikalen gemeinsam betriebenen Plattform Einprozent.

Der aus dem Umfeld der Jungen Freiheit stammende Historiker Michael Paulwitz hatte abgesagt.

Brückenschlag zu Mauerbauern

Gerade mit Menzel und Noé hatte sich die JA Bayern zwei Brückenbauer nach ganz rechts außen eingeladen. Menzel hatte in der Vergangenheit die neurechte Messe „Zwischentag“ organisiert. Die 2015 bei der Erlanger Burschenschaft Frankonia abgehaltene Veranstaltung sprach sowohl Rechtspopulisten und Islamfeinde wie den vom Verfassungsschutz beobachteten Michael Stürzenberger an, als auch Identitäre, NPDler, Neonazis und Karl-Heinz Hoffmann von der gleichnamigen Wehrsportgruppe. Zu den Ausstellern gehörten auch von den Behörden beobachtete Projekte wie das extrem rechte Umweltmagazin „Umwelt & Aktiv“. Menzels Thema an dem Tag war „Weshalb das Dagegen-sein nicht reicht“.

Zu dem von Noé verantworteten Magazin schrieb das bayerische Innenministerium kürzlich auf eine SPD-Anfrage, in der Gesamtschau würde dort die Identitäre Bewegung positiv dargestellt, Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei hin oder her. Er sprach zur „Rückeroberung des metapolitischen Raumes“, ein Leib- und Magenthema der IB und Neuen Rechten.

Jongen referierte laut Ankündigung über „Die offene Gesellschaft und ihre Freunde“. Wahrscheinlich ging es dabei um die Open Society Foundations und ihre Verbindungen. Die zur Unterstützung der Zivilgesellschaften gegründete Stiftung hatte nach Anfeindungen ihren Sitz jüngst von Budapest nach Berlin verlegt. Ihr Gründer, der in Ungarn geborene Milliardär und Überlebende des Holocaust George Soros, ist gemeinsames Feindbild von Rechten jeder Coleur.

Kachelmann begrüßt MdB Marc Jongen

Sonst hatte sich der bei der letzten Bundestagswahl in den Reichstag eingezogene Philosoph mit dem Versuch hervorgetan, Deutschland mehr „Thymos“ zu verordnen. Der aus dem altgriechischen stammende Begriffe kann Mut, Zorn oder Empörung bedeuten. „Thymotischen Bewegungen“ wie dem Islamismus könne nach Jongen nur begegnet werden, indem man selbst – nach der Diktion der AfD das „deutsche Volk“ – „thymotischer“ werde . Kalbitz sprach über „Konservatismus, Jugend und Parteipolitik“.

Das Tableau war aus rechter Sicht also durchaus vielversprechend, nur die Anhängerschaft wollte nicht so richtig. Der auf Facebook über 160 mal geteilte Beitrag der JA zog bis um 13.30 Uhr, als bereits alle Referenten anwesend waren, keine 50 Besucher an. Manche hatte sogar die Anreise aus dem Raum Cottbus, Fulda und München angetreten. Angeblich hätte es hundert Zusagen gegeben. Enden sollte das Zusammenkommen gegen 19.30 Uhr mit einer Podiumsdiskussion der vier Referenten. Aus dem AfD-Landesvorstand nahm Beisitzer Georg Hock teil, vom Bezirksvorstand der frühere Republikaner Richard Graupner.

Eine Bilanz zum Schöntrinken?

Der Kongress dürfte der AfD und ihrer Jugend einen doch gut vierstelligen Betrag gekostet haben. An Miete für die Halle des TSV Prichsenstadt waren Summen zwischen 500 und 800 Euro zu hören. Dazu kamen die Veranstaltungstechnik und ein Sicherheitsdienst mit drei Leuten. Ein zur Dokumentation der Veranstaltung aus dem Raum Bad Tölz angereister Filmer dürfte, vorausgesetzt er hält es gut mit der AfD, zumindest seine Unkosten in Rechnung stellen.

Eine ernsthafte Kongressstimmung kam angesichts der wenigen Teilnehmer wohl nicht auf – bereits vor dem ersten Referat gingen Teilnehmer zum gemütlichen Teil über, darunter das Mitglied im Landesvorstand Kathrin Filser (rechts mit Bierflasche)

Über die Verwendung der Halle des TSV Prichsenstadt gab es immer wieder Diskussionen. Bei der Mitgliederversammlung im April war es zu einer Abstimmung gekommen, berichtet die Main-Post mit Verweis auf den zweiten Vorstand Thomas Uhl. 42 von 44 Mitglieder hätten für die Vermietung an politische Parteien gestimmt.

Ein Angebot, dass die AfD in der Vergangenheit mehrfach angenommen hatte. Im November 2016 holte die Partei den extrem rechten Publizisten Jürgen Elsässer nach Unterfranken. Er sprach vor 200 Gästen. Zum Wahlkampfauftakt zur Bundestagswahl mit André Poggenburg kamen laut Parteiangaben damals ebenfalls 200 Teilnehmer.

Uhl betonte gegenüber der Main-Post, ihn und den Verein interessierten nur die Mieteinnahmen. Ein Blick auf die öffentlichen Postings seiner Facebook-Seite zeigt allerdings deutlichen Sympathien für die von der AfD geäußerten Politikvorstellungen und den harten Asylkurs der CSU-Spitze. Allerdings hatte auch die SPD die Halle in der Vergangenheit schon für Veranstaltung genutzt.

In dem Ort wurden vor der Veranstaltung von der AfD als auch von AfD-Gegnern Flugblätter in die Briefkästen eingeworfen. Die zur Veranstaltung kritischen waren am Samstag im Stadtbild präsent. Zu einem Gegenprotest kam es bis zum frühen Nachmittag nicht.