Gruppen mit Rechtsdrall – Spärliche Beteiligung an Gelbe Westen-Aktionen in Bayern

Im Rahmen des großspurig als „Revolution“ angekündigten Aktionstages in Anlehnung an die „gilets jaunes“ -Proteste gab es in München und Fürth gescheiterte Aktionen. Zu gezielten Blockaden von Verkehrswegen kam es nicht. In Mittelfranken gab es eine kurze Kundgebung von nicht mal einer halben Stunde. In München begnügten sich die Teilnehmer mit der Verteilung von Flugblättern. Beide Gruppen müssen rechts außen verortet werden.
Die deutsche Rechte blickt momentan mit etwas Neid nach Frankreich. Dort kommt es aktuell zu Massenprotesten unter dem verbindenden Zeichen der „gilet jaunes“ – gelbe Warnwesten – gegen die Politik von Präsident Macron. Bei den teilweise in Gewalt ausgearteten Aktionen starben bislang zwei Menschen und es kam zu Bildern, die AfD & Co. in Zusammenhang mit globalisierungskritischen Protesten in Frankfurt und Hamburg aufs Schärfste verurteilt hatten.
Als Anlass für den Aufruhr gelten geplante Steuererhöhungen auf Treibstoff. Auch in der Bundesrepublik ist Sprit aktuell wieder teuer, aber nicht als Folge von Regierungshandeln. Auf der Suche nach einem Thema, das den Menschen hier eventuell auf den Nägeln brennt, sollen manche dieser deutschen Gelbwesten-Gruppen das Thema der drohenden Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge ins Auge fassen. Rechte Aktivisten suchen dagegen ihr seit Monaten vorbereitetes Mega-Thema UNMigrationspakt zum Kern neuer Proteste zu machen und um Menschen in ihrem Sinne zu politisieren.
Kurze Stippvisite einer neuen Gruppe „Wir gemeinsam – objektiv und mutig“
Ganz unter dem Thema Migrationspakt stand eine Versammlung in Fürth vor dem Stadttheater. Auf dem professionell gestalteten Kampagnenmaterial wendete sich eine bislang wenig bekannte Gruppe „Wir gemeinsam – objektiv und mutig“ dagegen, dass die Kritik an der geplanten Absichtserklärung Rassismus sei. Rassismus sei dagegen die „Entwurzelung von Menschen“.

Das ist eine beliebte Taktik der rechten Szene von Reichsbürgern bis tief hinein in die AfD. Entsprechende Vorwürfe gegen die eigene Gruppe nicht nur nicht anzuerkennen, sondern sie werden soweit wie möglich beim politischen Gegner „abgeladen“, so unsinnig das auch erscheinen mag. «Reichsbürger» und Selbstverwalter werfen so dem demokratischen Rechtsstaat gerne vor, „Nazi-Gesetze und Unrecht“ fortzuführen, Redner auf der politischen Rechten gefallen sich immer wieder darin, Linke als Nazis und Nazis als Linke zu bezeichnen.

Mit dem Bild der Entwurzelung offenbarte die Gruppe gleichsam ihre Verortung in der völkischen Rechten. Der Migrationspakt wird abgelehnt, weil mit ihm erneut die faktische Anerkennung von Migration erfolgt, zwar mit dem postulierten Ziel der Begrenzung und Koordinierung, aber auch der Verbesserung der Lebenssituation von Migranten, etwa Wanderarbeitern. Er stellt sich damit gegen das Weltbild eben dieser Rechten, deren Vorstellung weiterhin um „ethnisch homogen“ und ortsfest gedachte „Völkern“ kreisen. Freiwillige oder unfreiwillige Migration verwässert ihren eingebildeten willkürlichen Idealzustand. Der Mensch hat – eine biologische Sicht aufgreifend – dort zu bleiben, wo er hingepflanzt wurde. Menschenrechte gibt es in diesem Denken nicht, sondern bestenfalls Gruppenrechte für die nicht migrierten Teile der Bevölkerung. Auch von der Identitären Bewegung sind solche Botschaften bekannt.

Die neue Gruppe gibt es auf Facebook seit dem 24. September. Über 5.000 Likes wurden in kurzer Zeit angesammelt. Auf einem verlinkten Youtube-Kanal ruft die Sprecherin der „WIR-Botschaft“ zu zivilem Ungehorsam auf und bezeichnet sich als Anhängerin der Anastasia-Bücher.
Die Kundgebung in Fürth lief dagegen alles andere als nach Plan und professionell. Den etwa zehn Aktivisten standen 50 Gegendemonstranten gegenüber, die sich über die Rede amüsierten. Verärgert warf der Redner sein Manuskript zu Boden und beendete die Kundgebung. Der Platz vor dem Stadttheater schien da gut gewählt.

München Sammelsurium versucht sich in neuer Aufmachung
Auch für die Landeshauptstadt gibt es eine lokale Gelbwesten-Gruppe. Was sie heute in der Stadt eigentlich wollten, schien ihnen lange selbst nicht so klar. Vorbereitet war lediglich ein Karton mit mehreren hundert Kopien eines Flugblatts. Verantwortlich dafür zeichnete der rechtspopulistische Aktivist Marco Kurz, der 2017 mit dem Projekt „DerMarsch“ davon geträumt hatte, durch eine Großdemonstration in Berlin die Regierung zum Rücktritt zu bewegen. Nach dem Mord an der jungen Mia machte er sich zum Gesicht des „Frauenbündnis Kandel“.

Zunächst traf sich eine Vierergruppe am Münchner Stachus. Hier zeigte sich bereits, dass auch die Münchner den Pakt zum Thema machen würden. Ihre Warnwesten waren entsprechend beschriftet. Zum anderen wurde deutlich, dass sich hier in der Landeshauptstadt unter dem Label der Gelbwesten verschiedene rechte Akteure sammelten, die ebenfalls in der Vergangenheit immer mit dabei waren, wenn von rechts gegen Migranten und „die da oben“ demonstriert wurde. Auf Mützen und unter Westen war deutlich das Logo der „Wodans Erben Germanien“ (W.E.G.) sichtbar. Dabei handelt es sich um eine Abspaltung unter Frank N. von den als rechte Bürgerwehr mit Patrouillen auftretenden Soldiers of Odin (SOO). Die andere Gruppe geht mittlerweile als Vikings Security Germania Division Bayern auf die Straße. Alle drei Gruppen dürften weiterhin Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes sein.

Zu der Gruppe stießen am Marienplatz weitere, teil von Pegida München bekannte Personen. Hier herrschte längere eine größere Ratlosigkeit, auch gegenüber den dazustoßenden Polizeibeamten. Obwohl der Aktionstag seit mehreren Tagen bekannt war, konnte kurzfristig eine Versammlung am Gärtnerplatz angemeldet werden. Als Wortführerin gegenüber den Beamten trat eine Aktivistin auf, die sich mindestens seit Juli letzten Jahres Marcos Kurz´ Gruppe „DerMarsch“ angeschlossen hatte und zusammen mit der AfD gegen eine Veranstaltung mit dem damaligen Bundesminister der Justiz, Heiko Maas, in München demonstrierte. Am 28. Januar trat sie in Kandel als Rednerin auf.
Mit dem Gärtnerplatz in der Isarvorstadt wurde der Gruppe ein Versammlungsort ermöglicht, dessen Mitte ein Kreisverkehr mit diversen Zebrastreifen bildet, was nicht häufig zu finden ist zentral in München. Zu den im bundesweiten Aufruf angedachten Blockaden und Behinderungen des Verkehrs durch andauerndes Überqueren der Straßen kam es hier allerdings nicht. Die Versammlung ging ein Mal als Gruppe über die Straße, allerdings unter Absperrung der Polizei. Später überquerten die Teilnehmer höchstens dann den Zebrastreifen, wenn es darum ging, sich in den umliegenden Geschäften mit Kaffee zu versorgen. Die Gruppe beschränkte ihre Tätigkeit auf das Verteilen von Flugblättern, die gut mitgenommen wurden. Die Veranstaltung war insgesamt nicht als rechte Versammlung zu erkennen. Der Aufmachung nach hätten hier auch Gewerkschaftsmitglieder demonstrieren können.

Nach und nach stießen einige Personen noch dazu. Eine Person brachte noch Exemplare der EXPRESSZEITUNG zu Kundgebung. In der Redaktion der laut Impressum in der Schweiz beheimateten Publikation sitzt unter anderem der Autor Gerhard Wisnewski, dem die Verbreitung von Verschwörungstheorien vorgeworfen wird.
Nach Informationen von a.i.d.a. lösten sich die Reste der Versammlung gegen 16.30 Uhr auf. In der Gruppe, von der heute nur ein kleiner Teil zur Aktion erschien, soll sich ein breites rechtes Spektrum vernetzen. Von Reichsbürgern und Neonazis ist die Rede, aber auch AfDler bis hin zur damaligen Pegida München-Gründerin Birgit Weißmann und mindestens ein Mitarbeiter eine AfD-Abgeordneten sollen darin schon gesichtet worden sein.