München steht aufVerbreiter antisemitischer Verschwörungserzählungen «ein Held»

Regelmäßiger Teilnehmer mit einer Darstellung der Great-Reset Verschwörungserzählung
Regelmäßiger Teilnehmer mit einer Darstellung der Great-Reset Verschwörungserzählung

Etwa 600 Personen beteiligten sich gestern in Pasing am wöchentlichen Umzug der verschwörungsideologischen Initiative „München steht auf“ (MSA). Vor dem Rathaus galt es zunächst, das Desaster um die abgebrochene Demonstration von Markus Haintz am 09. November aufzuarbeiten. In dem Rahmen äußerte sich der führende Aktivist Melchior Ibing auch zur Person Oliver Janich. Die Haintz-Kundgebung hatte unter der Forderung der Freilassung des QAnon-Verbreiters gestanden, der auf den Philippinen in Auslieferungshaft sitzt.

Ibing seien Screenshot von Aussagen Janich gezeigt worden und dessen Forderungen nach Todesurteilen und Tribunalen. Es folgten eine Reihe von Windungen, etwa, dass Janichs Worte ohne Kontext verstörend wirkten, aber mit Kontext „menschlich verständlich“. Ibing unterschied dann noch zwischen schlechtem Hass und guten Zorn. Auch stelle er sich nicht so hinter die Forderung nach der Freilassung von Janich wie hinter „Free Julian Assange“, aber am Ende war der Verbreiter antisemitischer Thesen und Radikalisierer Janich für Ibing „ein politischer Gefangener“ und im Verbund mit den anwesenden Demonstranten „ein Held“, weil sie sich gemeinsam gegen die Entwicklung in den letzten Jahren gestellt hätten.

Markus Haintz am 09.November im Gespräch mit Gegenprotest, Melchior Ibing hört gespannt zu

Regierung und Medien hätten – damit meint er wohl die Corona-Maßnahmen – „gruppenbezogenen Hass und Entmenschlichung geschürt“. MSA stellt gerne die unterschiedliche Behandlung nach Impfstatus auf eine Stufe mit massenmörderischen Ideologien wie Rassismus und Antisemitismus als angebliche Rechtfertigung für ihr Tun. Dafür gibt es keinerlei Anlass. Nun wende sich das Blatt, so Ibing, besonders Markus Söder wird zunehmend positiver gesehen, aber es gelte auch jenseits des „Pandemie-Narrativs“ und „Gen-Impfung“ weiterzumachen. Die Gegner würden nicht aufgeben, die er als „anglo-amerikanische Oligarchie“ beschrieb, die angeblich ein „chinesisches Überwachungssystem“ anstrebten. Sie, die Protestierenden, die Ibing als „Team Demokratie“ adelte, hätte „den Globalisten in der Corona-Krise Einhalten“ geboten.

«München steht auf» bewirbt auch Reichsbürger

Ibings Aussagen waren wieder ein Beispiel für die Art und Weise, wie die Führungspersonen mit den Teilnehmenden kommunizieren. In den Windungen der Reden finden sich Anknüpfungspunkte für eine Verharmlosung der Szene, ohne dass die Radikalität zu kurz kommt, was aber letztlich der Radikalisierung dient und nützt.

„Benny“, der zweite maßgebliche Aktivist bei MSA, bemühte sich in seiner ersten Rede um eine weitere Verharmlosung. Ihnen gehe es angeblich nur darum, den Staat und die Regierung zu kritisieren und nicht zu delegitimieren. „München steht auf“ hatte ohne Not zur Kundgebung den Kanal eines Reichsbürgers beworben und weist regelmäßig auch auf Versammlungen der Aktivistin Ulrike Pfeffer (UlliOma) hin, auf denen reichsbürgerisches Gedankengut keine Seltenheit ist.

Demonstrationzug München steht auf durch Pasing

Der Demozug durch Pasing diesseits und jenseits der Bahnstrecke verlief relativ ereignislos. Beteiligt hatte sich wie in den Wochen zuvor auch eine Gruppe, die mittels eines Bollerwagens eine eigene Box für Durchsagen mitführte. Dabei wurde wieder ein vermeintlich satirischer Clip in Stile der Lach- und Sachgeschichten abgespielt, in dem vom „noch immer besetzten Deutschland“, von „neuer Weltordnung“ und „machtbesessenen Globalisten“ die Rede ist. „Globalisten“ dient dabei Antisemiten gerne als Chiffre für „jüdische Weltverschwörung“. Bislang haben sich weder Demoleitung noch Ordner an den reichsbürgerischen, verschwörungsideologischen und im Kontext wohl antisemitischen Narrativen gestört. So weit weg etwa von Ibings Kernaussagen sind sie zudem ja nicht.

«Unser Land zuerst» – Kampagne der AfD zum Thema Sanktionen gegen Russland Energiethema

Vor Ort war auch wieder ein Sprinter der extrem rechten Kampagnenplattform AUF1, die die Teilnehmenden mit allerlei Merchandising versorgte. Zudem konnten AfDl-Mitglieder mit „Unser Land zuerst“ und Wahlaufrufen für „die einzige Alternative“ ohne Probleme teilnehmen.

Nächste Woche will die Szene in Laim starten.